: Niedlicher Samson im Monsterclub
■ Sesamstraßen-Musical in der Stadthalle Helene Hecke unterwegs mit einer erfahrenen, kritischen Expertin
Janneke ist zwar erst sechs Jahre alt, aber in Sachen „Sesamstraße“eine richtige Expertin. Wann immer es geht, wird die Sendung geguckt, und natürlich weiß Janneke genau, wer dort welche Rolle spielt. Auf die Frage, wen sie von den Sesamtieren am liebsten mag, sagt sie: „Elma ist lustig!“Aber die rote Kartoffelnase kennt man wohl kaum, wenn man schon länger nicht mehr Kind war. Sie gehört zur nächsten Generation, wie Sina, Tiffy und Samson.
Seit 25 Jahren strahlt der NDR nun die deutsche Fassung des amerikanischen Vorschul-Fernsehens aus. Und seit einigen Jahren gibt es dazu auch Musical-Live-Shows, wie jene, die letzte Woche in der Bremer Stadthalle gastierte. Bei dieser Gelegenheit traten die beliebten Puppen live und lebensgroß auf, tanzten und sangen sich durch ein wunderschönes Bühnenbild und eine etwas magere Geschichte.
Um einen „Monsterclub“ging es dabei, den Elma und Sina für rote und orange Monster gegründet haben. Aber nach und nach wollte jeder aus der Sesamstraße dem Club beitreten.
So durften sie dann schließlich auch alle mitmachen: Vögel mit gelben Federn, Griesgrame in der Mülltonne, Jungs mit gestreiften Pullovern, Grafen die gut zählen können ... Deshalb waren Bibo, Oskar, Ernie & Bert und Graf Zahl natürlich sehr froh. Jeder hatte seinen großen Auftritt und sein eigenes Lied.
Da wurde getanzt und gesungen, was die Kostüme hergaben, nach schmissigen Schlagermelo-dien, wie „La Bamba“und „Speedy Gonzales“, natürlich mit den deutschen Originalstimmen. Doch leider sind nach 25 Jahren nicht mehr alle Stimmen so original: „Das ist ja gar nicht Berts Stimme!“empörte sich Janneke denn auch. Außerdem fehlten ein paar von den Sesam-Stars, z.B. Kermit und Grobi. Dafür spielten Unbekannte Hauptrollen, wie Grieshilde, Oskars Freundin.
Trotzdem machte das Publikum lautstark mit beim Zählen und beim „Hallo“Schreien. Die Kleinsten hielt es nicht zwei Stunden auf den Sitzen, aber da war noch Platz zum Herumtoben, während manche der Monster durch die Reihen tanzten. Die Show war bunt, knallig und vollgestopft mit diversen „special effects“. Das allerdings hatte nicht viel gemein mit der echten Sesamstraße. Deren pädagogischer Anspruch ist es seit den 70ern, schlicht und schön, lustig und lehrreich zu sein. Jim Henson, der Vater der Puppenmafia, wollte den Kindern nicht nur Zahlen und ein paar Buchstaben, sondern wichtige Lebenshilfen beibringen. So etwas kann ein Musical nicht leisten.
Die Kinder kamen vor allem, um ihre Helden aus der Nähe zu sehen. Deshalb schien es ziemlich lieblos, wie plötzlich der Vorhang nach dem Finale herabfiel. „Sind die jetzt alle weg?“fragte Janneke enttäuscht. Kein Krümelmonster und kein Ernie ließ sich bei den kleinen Fans mehr sehen. Statt dessen hatten manche Eltern Mühe, ihren Nachwuchs an den Spielwaren-Ständen im Foyer vorbei zu kriegen. Dort konnte man überteuerte Wimpel und Bibo-Taschenlampen erstehen.
Janneke hat der Monsterclub aber gut gefallen. „War Samson denn wie in echt?“, wird sie beim Rausgehen gefragt. „Nee, der war kleiner als sonst und niedlicher!“, gibt sie zufrieden Auskunft. Tja, wer nicht fragt bleibt dumm.
Helene Hecke
Das Musical läuft demnächst in Oldenburg (Kongreßhalle, 10.-12.1), Hannover (Theater am Aegi, 14.-19.1.) und Emden (Nordseehalle, 21.-22.1.)
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