Burundis langer Marsch Richtung Frieden

Nach vier Jahren Krieg und 200.000 Toten bereiten internationale Vermittler neue Friedensverhandlungen für Burundi vor. Die Spaltung der Hutu-Opposition hat das Militärregime unter Pierre Buyoya gestärkt  ■ Von Dominic Johnson

Berlin (taz) – In einen der blutigsten Bürgerkriege Afrikas kommt wieder Bewegung. Noch im Januar soll es neue Friedensgespräche für Burundi geben, wo seit dem Beginn der Kämpfe zwischen der Tutsi-dominierten Armee und Hutu-dominierten Rebellengruppen 1993 über 200.000 Menschen ums Leben gekommen sind. Im August scheiterte der letzte Versuch des internationalen Burundi- Vermittlers und tansanischen Expräsidenten Julius Nyerere, die burundische Militärjunta unter Pierre Buyoya und die wichtigste Rebellengruppe CNDD (Nationalkomitee zur Verteidigung der Demokratie) unter Leonard Nyangoma an den Verhandlungstisch zu bringen, an der Weigerung Buyoyas. Nun soll Ende Januar unter Einbeziehung anderer Staatsmänner wie Ugandas Präsident Yoweri Museveni eine neue Burundi-Konferenz stattfinden.

Die Vermittler wollen eine Lösung für einen Konflikt finden, der im Oktober 1993 begann. Damals brach das Tutsi-Militär, das Burundi jahrzehntelang beherrscht hatte, die eben erst begonnene Demokratisierung ab und ermordete den gewählten Präsidenten, Melchior Ndadaye von der Hutu-dominierten Partei „Frodebu“. Verschiedene Versuche zur Machtteilung zwischen der Frodebu, die sich in den 90er Jahren als Demokratiebewegung etabliert hatte, und den Vertretern der alten Tutsi- Militärelite endeten im Juli 1996 mit einem Militärputsch, der den früheren Präsidenten Pierre Buyoya an die Staatsspitze hievte. In Reaktion darauf verhängten die ostafrikanischen Nachbarn Sanktionen gegen Burundi.

Der Krieg intensivierte sich danach zunächst. Die aus Teilen der Frodebu hervorgegangene CNDD-Guerilla, die für die Rückkehr zur Demokratie von 1993 kämpft und hauptsächlich aus Hutu besteht, ist nach eigenen Angaben in 13 von 16 Provinzen aktiv. Das Militärregime versammelte Hunderttausende von Hutu-Bauern in Wehrdörfern.

Nun aber scheint die Regierung die Situation langsam in den Griff zu kriegen. Die Hälfte der 300.000 Hutu in den Wehrdörfern durfte mittlerweile nach Hause zurückkehren. UN-Menschenrechtsbeobachter Sergio Pinheiro konnte Mitte Dezember erstmals frei durch das Land reisen und konstatierte ein verbessertes Verhalten der Armee. „Neuerdings ist die Regierung dafür offen, eine Art Verantwortungsbewußtsein aufzubauen“, lobte er und zog den Schluß, man müsse die Lage „neu bewerten“. Dies schließe auch die Sanktionen ein, deren Konsequenzen „verheerend für die einfachen Menschen“ seien.

So scheint die Zeit günstig für einen neuen Anlauf zum Frieden, bei dem Buyoya mitarbeiten könnte. Die Zeit drängt auch. Im Juli läuft die fünfjährige Amtszeit des 1993 gewählten Parlamentes ab, das immer noch existiert, wenngleich es keine reale Macht mehr hat und 25 der 81 Abgeordneten inzwischen ermordet sind oder im Exil leben. Die Regierung Buyoya, die ausländischer Vermittlung skeptisch gegenübersteht, will bis dahin eine „nationale Debatte“ einleiten. Dies soll den Weg zur Bildung neuer Institutionen ebnen – und den Demokratisierungsversuch von 1993 endgültig begraben. Die Frodebu, die im Parlament die Mehrheit hat, fürchtet, damit marginalisiert zu werden und drängt daher auf eine Fortsetzung der internationalen Vermittlung.

Zugleich geht die Frodebu auch in die innenpolitische Offensive. Am 5. Dezember verabschiedete das Frodebu-beherrschte Parlament eine Resolution, wonach Parlament und Regierung den internationalen Vermittlern zukünftig in einer gemeinsamen Kommission gegenübertreten sollten. Am 6. Dezember trat die Frodebu in Burundis Hauptstadt Bujumbura zu einem Parteitag zusammen, auf dem Generalsekretär Augustin Nzojibwami ankündigte: „Die Zeit des Fatalismus ist vorbei.“ Die Frodebu wolle wieder zum „Motor der unverzichtbaren tiefen Reformen“ des burundischen Staatswesens werden. Und er wandte sich gleichermaßen gegen das Militärregime und gegen die Guerilla: „Weder die Anhänger des Putsches noch die der bewaffneten Rebellion werden morgen das Fundament des Wandels bilden, den Burundi braucht.“

Diese Rede markierte zugleich den endgültigen Bruch zwischen der Frodebu, die Gewalt ablehnt, und den aus ihr hervorgegangenen CNDD-Rebellen, die den bewaffneten Kampf führen. CNDD-Führer Leonard Nyangoma, kurz nach dem Frodebu-Parteitag auf Besuch in Deutschland, nennt den Rest der Frodebu im taz-Interview „Dissidenten“ (siehe unten).

Die Regierung sieht sich durch diesen Streit gestärkt. Sie ist auf den Parlamentsbeschluß bisher überhaupt nicht eingegangen. Aber vielleicht braucht Buyoya das Gefühl der Stärke, um internationale Vermittlung diesmal zu akzeptieren.