: Netanjahus Rivale droht mit Rücktritt
■ Der israelische Außenminister Levy kündigt an, sein Amt niederzulegen, wenn das Parlament den neuen Haushalt verabschiedet. In diesem Fall will seine Gescher-Partei auf den Sturz von Regierungschef Netanjahu hinarbeiten
Jerusalem (AFP/rtr) – Israel geht nicht nur ohne einen Haushalt ins neue Jahr, sondern möglicherweise auch ohne einen Außenminister. David Levy kündigte gestern an, er werde zurücktreten, falls der von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vorgelegte Sparhaushalt im Parlament verabschiedet wird. „Ich werde dagegen stimmen, und das bedeutet meinen Rücktritt“, sagte Levy vor Journalisten am Rande einer Parlamentssitzung. „Wenn diese Regierung nicht funktioniert, brauchen wir Neuwahlen.“
Levys fünf Abgeordnete zählende Gescher-Partei lehnt den Haushalt für 1998 wegen der unnachgiebigen Haltung Netanjahus gegenüber den Palästinensern und wegen der Kürzungen im Sozialbereich ab. „Ich glaube, diese Regierung befindet sich auf einem Flug ins Nirgendwo“, konstatierte der Minister gestern.
Netanjahu kann seinen Haushalt auch ohne die Stimmen der Gescher-Partei im Parlament durchbringen, da ihm die beiden Abgeordneten der extrem rechten Moledet-Partei ihre Unterstützung zugesichert hatten. Damit verfügt die Koalitionsregierung theoretisch über 63 der insgesamt 120 Stimmen in der Knesset. Am Mittwoch hatte sich der Regierungschef durch weitere Zugeständnisse an die extreme Rechte offenbar eine ausreichende Mehrheit für den Etat 1998 erkaufen können. Die Abstimmung sollte ursprünglich noch gestern abend erfolgen.
Der Außenminister hatte bereits mehrfach mit seinem Rücktritt gedroht. Mit seiner gestrigen Erklärung ließ er Netanjahu aber erneut die Chance, ihn in Verhandlungen von seinem Vorhaben abzubringen. Levy ist einer der wenigen moderaten Vertreter im israelischen Kabinett.
Eigentlich hätte der Haushalt für das Jahr 1998 bis zum Jahreswechsel verabschiedet sein müssen. Die Frist kann allerdings bis Ende März verlängert werden. Sollte auch dann kein Konsens erzielt werden, bedeutet das automatisch den Sturz der Regierung und vorgezogene Neuwahlen. Darauf möchte der Netanjahu-Rivale Levy im Falle seines Rücktrittes auch hinarbeiten.
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