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Kanther macht mit Innerer Sicherheit Außenpolitik

■ Kriminalitätsbekämpfung als Kriterium für die Aufnahme osteuropäischer Staaten in die EU

Bonn (AP/dpa/AFP/taz) – Die Bundesregierung will sich nach Worten von Innenminister Manfred Kanther (CDU) dafür einsetzen, daß in Europa die Kriminalitätsbekämpfung den gleichen Stellenwert erhält wie militärische und ökonomische Fragen. Im Zusammenhang mit der Aufnahme osteuropäischer Staaten in die EU sollten „Sicherheitsprüfsteine“ erarbeitet werden. Darauf werde die Bundesrepublik dringen, wenn sie im zweiten Halbjahr 1998 die Schengen-Präsidentschaft und in der ersten Hälfte 1999 den EU- Ratsvorsitz innehabe.

Auch in Deutschland plant Kanther eine Verschärfung der Verbrechensbekämpfung auf Bundes- und Länderebene. Nachdem der Minister im letzten August ein Zehn-Punkte-Programm zur Inneren Sicherheit vorgelegt hatte, präsentierte er gestern einen „Neun-Punkte-Plan“ und nannte 1998 „das Sicherheitsjahr 98“. Indirekte Kritik übte Kanther an der Verbrechensbekämpfung in norddeutschen Bundesländern: Wenn es in ganz Deutschland gelinge, „süddeutsche Sicherheitsergebnisse“ zu erzielen, sei „ein wichtiger Erfolg errungen“. Bei der Innenministerkonferenz am 2. Februar solle über eine intensivere Zusammenarbeit der Polizeibehörden von Bund und Länder beraten werden.

Auch die CSU rüstet sich für das laufende Wahljahr mit einem Maßnahmenpaket zur Inneren Sicherheit. Die geplanten Verschärfungen gehen weit über die von der Bonner Koalition bisher beschlossenen Gesetze hinaus, wie im Vorfeld der traditionellen Klausurtagung der Bonner CSU-Landesgruppe in Wildbad Kreuth bekannt wurde. In dem CSU-Papier wird unter anderem der Einsatz des Verfassungsschutzes zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität gefordert. Ferner sollten bundesweit verdachtsunabhängige Polizeikontrollen auf Fern- und Durchgangsstraßen erlaubt sein, also die sogenannte Schleierfahndung. Zudem plädieren die Christsozialen für eine Erweiterung der Kronzeugenregelung, die bisher nur in Terrorismusverfahren Anwendung findet. Auch ein Opferanwalt auf Staatskosten für Opfer schwerster Verbrechen soll geschaffen werden. Der offene Strafvollzug soll grundsätzlich, auch bei Ersttätern, abgeschafft werden.

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