: Ortsgespräche nur mit der Telekom
■ Während in Köln und Düsseldorf Ortsgespräche über private Anbieter laufen, besteht in Berlin noch das Telekom-Monopol. Geringer Anteil am Wachstumsmarkt der Telekommunikation
Die Liberalisierung des Telefonmarktes zu Beginn dieses Jahres hat den Berlinern vorerst nur billige Fern- und Auslandsgespräche bei den neuen überregionalen Anbietern gebracht (s. Seite 3). Die sehr viel mehr genutzten Ortsgespräche sind für die Normalverbraucher teuer wie eh und je – denn die laufen immer noch ausschließlich über die Telekom.
Da haben es Düsseldorfer und Kölner besser: Dort bieten private Telefongesellschaften ein weitgehend flächendeckendes Netz mit preiswerteren Tarifen als die Telekom an. Beispielsweise müssen Berliner vormittags um elf Uhr acht Pfennig pro Minute zahlen, Kölner dagegen nur sechs Pfennig – wenn sie Kunde bei NetCologne sind.
Ein solches Stadtnetz ist für Berlin nicht in Sicht. Die Berliner müssen sich gedulden, bis die privaten Telefongesellschaften bundesweit Ortsgespräche für Privatkunden anbieten. Mannesmann Arcor will „im Laufe 1998“ damit auf den Markt kommen, wie Pressesprecher Christian Rogge ankündigt.
Das zweite große Unternehmen Otelo mit Sitz in Düsseldorf visiert den Herbst an, ist sich aber nicht sicher, ob bis dahin eine Einigung mit der Telekom erzielt ist. Denn die Telefonunternehmen sind für die letzte Meile von ihrem Kabelnetz in die Wohnung der Privatkunden auf die Telekom-Leitung angewiesen. Während die Telekom sowenig wie möglich Kompetenzen aus der Hand geben will, fordern die Unternehmen einen freien Zugang zum Kunden: ein bisher ungelöster Interessengegensatz. Theoretisch könnten die Telefonunternehmen schon jetzt Ortsgespräche in Berlin anbieten, indem sie die Telekom-Leitungen mieten. Doch das rentiert sich für sie nicht.
Während Privatkunden vergeblich auf ein lokales Stadtnetz warten, werden Firmenkunden schon bedient. Doch auch hier sind nur zwei Unternehmen aktiv.
Die britische Firma Colt Telecom will am 29. Januar ihr Netz für die City West (zwischen Ernst- Reuter-, Breitscheid- und Wittenbergplatz) und der City Ost (unter anderem Potsdamer Platz und Friedrichstraße) in Betrieb nehmen. Und BerliKomm, eine Tochter der Berliner Wasserbetriebe, plant, ab Februar Kabel zu verlegen – mit Spezialrobotern in den unterirdischen Kanälen. Nach Angaben des Unternehmens soll eine öffentliche Datenautobahn errichtet werden.
Die großen Telefonunternehmen wie Arcor und Otelo freilich sitzen woanders: in Eschborn bei Frankfurt und in Düsseldorf. In Berlin unterhalten sie nur Filialen. Zwar betrachtet Elmar Pieroths Sprecher Michael Wehran „die Telekommunikation als einen der wichtigsten Wachstumsmärkte für Berlin“. Doch die Stadt bleibt vorerst Telefonprovinz. Auch der erhoffte Boom bei Arbeitsplätzen und Steuern in dieser Branche bleibt bisher aus.
Karen Wientgen
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