: Erzfeindschaft
Muammar al-Gaddafi gilt bislang noch jedem US-Präsidenten als Rotes Tuch und er pflegt seinen Antiamerikanismus. Vor der Revolution, 1969, beherrschten die Amerikaner siebzig Prozent der libyschen Rohölförderungen und investierten fleißig in das Land. Nach dem Staatsstreich Gaddafis und seiner mitverschworenen Offiziere ändert sich das rasch: Am 30. Juni 1970 verläßt der letzte amerikanische Soldat den Fliegerhorst Wheelus Fields. Drei Jahre später werden die libyschen Tochtergesellschaften der amerikanischen Ölfirmen verstaatlicht. 1972 erhebt Gaddafi Anspruch auf einen hundert Kilometer tiefen Luftraum (die internationale Norm liegt bei drei Meilen) vor der Küste Libyens und erklärt die Große Syrte zum Hoheitsgewässer. Als sich ein Jahr später ein amerikanisches Transportflugzeug in diese Zone begibt, wird es von libyschen Jägern beschossen, kann jedoch unbeschädigt entkommen. Bald darauf versuchen die Libyer erneut, ein amerikanisches Aufklärungsflugzeug vor der libyschen Küste abzuschießen.
Präsident Carter, dessen Bruder Billy als libyscher Lobbyist bekannt ist, wird für seine Zurückhaltung kritisiert, zumal Gaddafi in der westlichen Presse zum Drahtzieher des internationalen Terrorismus avanciert und für zahlreiche Morde an Oppositionellen im In- und Ausland verantwortlich gemacht wird. Mit der Wahl Ronald Reagans spitzt sich der USA-Libyen-Konflikt zu: Am 19. August 1981 schießen amerikanische Marineflugzeuge, nachdem sie über dem Golf von Syrte angegriffen werden, zwei libysche Kampfjäger ab. Als im Dezember 1985 bei Terroranschlägen auf den Flughäfen von Rom und Wien zwanzig Menschen getötet werden, verdächtigen die USA Gaddafi und verschärfen die Wirtschaftssanktionen gegen Libyen. Ende März 1986 versenken die Amerikaner drei libysche Kriegsschiffe , zerstören eine Raketenbatterie und eine Radarstation. Bei den im April folgenden Terroranschlägen fällt der Verdacht sofort auf Libyen: In Athen sterben vier Menschen beim Anschlag auf eine TWA-Maschine. In West- Berlin kommen beim Attentat auf die überwiegend von US-Soldaten besuchte Diskothek „La Belle“ eine Frau und zwei US- Soldaten um, mehr als 200 Menschen werden verletzt. Reagan holt zum Vergeltungsschlag aus: Am 15. April 1986 bombardieren US-Kampfflugzeuge die Hauptstadt Tripolis und die Hafenstadt Bengasi. Über vierzig Menschen sterben. Für die Explosion einer PanAm-Maschine über der schottischen Ortschaft Lockerbie 1988, bei dem 270 Menschen sterben, macht die USA Libyen verantwortlich. Gaddafi weigert sich, die mutmaßlichen Urheber des Bombenanschlags auszuliefern.
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