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Damals 1968„Fröhlich mitgemacht“

■ Wolfgang Pietsch, BSAG-Sprecher, über die Straßenbahnunruhen 1968

Damals blockierte er die Schienen der Straßenbahn, heute ist er ihr Sprecher: Wolfgang Pietsch, 54 Jahre alt, nahm den Job als Marketingleiter und Sprecher der BSAG vor zehn Jahren an, weil er im ÖPNV eine „spannende Alternative“zum Individualverkehr sah. Er ist Mitinitiator der „Bremer Karte“und des „Fahrgastforums“.

Die Straßenbahnproteste? Ahh, Jugendsünden! 1968 war ich ein fröhliches junges Kerlchen. Als die Straßenbahnproteste losgingen, habe ich gerade an der Hochschule für Wirtschaft studiert. Die ganze Situation haben wir dann als Chance empfunden, uns endlich mal anders zu artikulieren. Die Fahrpreiserhöhung bei der Straßenbahn hat da gar nicht so eine große Rolle gespielt.

Normalerweise haben sich alle am Hauptbahnhof getroffen und sind dann um Mittag rum in die Stadt gezogen. Von Tag zu Tag kamen mehr Leute. Mit ein paar Leuten sind wir dann losgelaufen, ein Protestplakat hatten wir auch dabei. Dann, plötzlich, war an der Domsheide eine starke Polizeipräsenz. Die kamen ja auch noch nicht richtig klar mit der Situation. Wir haben dann versucht, die Gleise zu blockieren. Die Emotionen sind hochgeschaukelt. Dann gings auf einmal zur Sache, ich habe fröhlich mitgemacht. Ab dem zweiten Tag hat die Polizei Wasserwerfer eingesetzt, einmal bin ich total durchnäßt worden. Daß ich heute für die BSAG arbeite, empfinde ich nicht als Ironie der Geschichte. Ich versuche, sauber mit den Leuten zu kommunizieren. Da merkt man doch, wozu man damals noch nicht fähig war: Es wurde einfach nicht offen genug geredet. Dagegen haben sich die Proteste ja auch gewendet: gegen das Totschweigen des Nationalsozialismus zum Beispiel.

Aufgespießt von: C. Dowe

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