Migrantenprojekte bekommen Geld

■ Andere Flüchtlingsprojekte im Ostteil stehen dagegen vor dem Aus, da ABM-Stellen auslaufen. Teure private Dienstleister boomen

In den nächsten Tagen erhalten eine Reihe von Projekten der MigrantInnen- und Flüchtlingsarbeit in den Ostbezirken Post von der Ausländerbeauftragten Barbara John (CDU): Sie können sich erstmals über eine Regelfinanzierung durch den Landeshaushalt freuen. Die Projekte halten sich seit Jahren mit Hilfe von Arbeitsbeschäftigungsmaßnahmen über Wasser. Auf Betreiben der SPD wurden mit den Stimmen aller Fraktionen 500.000 Mark für das laufende Haushaltsjahr bereitgestellt. Daß dies trotz Sparhaushalt möglich war, ist selbst für Barbara John „ein mittleres Wunder, aber man soll immer wieder an Wunder glauben“.

Der Dachverband VIA, die Vereinigung der Vietnamesen in Berlin und Brandenburg und die Lichtenberger Beratungsstelle „Völkerball“ können erstmals MitarbeiterInnen auf dem ersten Arbeitsmarkt beschäftigen. Der Regionale Arbeitskreis für Ausländerfragen und die russischsprachige Beratungsstelle „DIALOG“ bekommen ebenfalls eine Stellenaufstockung. Weiteren Vereinen wird aus dem Haushalt der Ausländerbeauftragten die Büromiete erstattet.

Die Abhängigkeit vom Arbeitsamt bereitet MigrantInnenvereinen, die in diesem Jahr nicht in den Genuß der Förderung gekommen sind, immer noch akute Probleme. „Die Wünsche der Arbeitsämter, vor allem Langzeitarbeitslose, ältere und schwer vermittelbare Arbeitslose bei uns loszuwerden, kollidieren mit den Anforderungen an eine qualifizierte Beratungstätigkeit“, erklärt Jens-Uwe Thomas von der Pankower Beratungsstelle „Oase“. Sein Projekt wird lediglich mit einer Stelle aus dem Bezirkshaushalt gefördert. Weitere Mitarbeiter unterliegen dem jährlichen Personenkarussell ABM, oder aber sie arbeiten für maximal drei Mark pro Stunde im Rahmen der „Hilfe zur Arbeit“. Während einer einjährigen ABM-Tätigkeit könne sich niemand in das komplizierte Ausländerrecht eindenken, kritisiert Thomas. Wer dennoch seit Jahren dabei ist, hat sich von ABM über zeitweise Arbeitslosigkeit in eine dreijährige, vom Arbeitsamt geförderte Stelle gehangelt. Doch danach ist auf dem zweiten Arbeitsmarkt endgültig Schluß.

So kommt selbst für so „Prominente“ wie Tamara Hentschel von der Beratungsstelle für VietnamesInnen, „Reistrommel“, im Februar das berufliche Aus. Hentschel gründete die Beratungsstelle 1990, als sie selbst arbeitslos war. Nach einigen Monaten bekam sie eine zweijährige ABM-Stelle. Als die ausgelaufen war, arbeitete sie ehrenamtlich weiter. Im Sommer 1994 dürfte sie bundesweit die Arbeitslose mit den meisten Fernsehauftritten gewesen sein: Sie trat mit Berichten zur aufenthaltsrechtlichen Situation von vietnamesischen VertragsarbeiterInnen und zu polizeilichen Übergriffen auf VietnamesInnen an die Öffentlichkeit. Im Februar 1995 förderte ihr das Arbeitsamt endlich eine dreijährige Stelle.

„Eigentlich sollten die Projekte durch die Bezirkshaushalte finanziert werden“, sagt sie. Doch in Zeiten knapper Kassen hat der Bezirk Lichtenberg nur eine einzige Stelle für die MigrantInnenarbeit zu vergeben. Tamara Hentschel ist kein Einzelfall. „Das berufliche Aus in der Ausländerberatung trifft eine Reihe engagierter Leute, denen es zu verdanken ist, daß im Ostteil das Zusammenleben mit anderen Kulturen besser bewältigt wurde als im Berliner Umland, bedauert auch Barbara John.

Während gemeinnützige Beratungsstellen ihr Angebot abbauen müssen, gibt es dagegen immer mehr private Anbieter, die für Dienstleistungen wie die Vermittlung von RechtsanwältInnen und Arbeitsangeboten oder Heiratswilligen beträchtliche Gelder nehmen. Marina Mai