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Kulturrevolution im Bezirksamt

■ Verwaltungsmodernisierung soll praktisch werden. Erneuerungscombo präsentiert Leitziele für Eimsbüttel

Viele kleine gelbe Luftballons, selbstgebackener Kuchen und ein gut gelaunter Bezirksamtschef Jürgen Mantell (SPD): Im 12. Stock des Eimsbüttler Bezirksamts wurde gestern das geheimnisumwitterte Projekt BALL präsentiert, die in zweijähriger Arbeit entwickelten BezirksAmtsLeitLinien.

Dieser selbstgestrickte Zielkatalog will Selbstverantwortung, Kreativität, Leistung und Servicebewußtsein an die Stelle der althergebrachten hierarchischen Gesetzesexekution setzen. Ein vollmundiges Faltblatt gibt Auskunft über die neuen Grundsätze: Von „nachhaltiger, sozialer Stadtentwicklung“, „Offenheit und Transparenz“sowie Mitarbeiterinnen, die „ansprechbar sind und sich zuständig fühlen“, ist da die Rede. Als „kompetente, engagierte und selbstbewußte Ansprechpartner“wollen die 1.270 Eimsbüttler Bezirksamtsmenschen sich in Zukunft verstanden wissen – so hofft Mantell. Doch er weiß: „Das neue Denken kann nicht verordnet werden – es muß gelebt werden.“

Und dies wird nicht ganz einfach. Zwar ist der BALL-Katalog in gemeinsamer Arbeit entstanden – doch nur ein Bruchteil der BezirksbürokratInnen machte aktiv mit. Die wissenschaftliche Begleitforschung durch ein Team der Hochschule für Wirtschaft und Politik zeigt, welche Probleme sich am Grindelberg türmen: eine Crew, die im Schnitt 16 Behördenjahre auf dem Buckel hat, von der ein gutes Drittel mit der Arbeit unzufrieden und mehr als die Hälfte in Sachen Teamwork bitter enttäuscht ist. Dennoch sehen fast alle der gut 300 BehördenmitarbeiterInnen in der Verwaltungsmodernisierung „eher Chancen“.

Die selbstironische Präsentation der BALL-Richtlinien gipfelte in einer Vision vom Jahr 2008: In allen Stadtteilen gibt es dann Bürgerbüros mit Öffnungszeiten von 6 bis 22 Uhr, in denen freundliche und rundum kompetente Allround-SachbearbeiterInnen jeden Bürgerwunsch von den Augen ablesen. Großes Gelächter im Saal.

Jürgen Mantell, den Blick stramm nach vorn: „Wir haben eine Chance auf Veränderung – die sollten wir nutzen.“Ob dieser Wunsch in Erfüllung geht, kann ab sofort getestet werden. Nach der Entwicklung von Leitzielen hat jetzt die Umsetzungsphase begonnen. Zum Beispiel so: „Wir fühlen uns für das soziale Miteinander im Bezirk Eimsbüttel verantwortlich. Deshalb initiieren und fördern wir soziale Projekte, Eigeninitiative und Selbstorganisation von Bürgerinnen und Bürgern.“

Florian Marten

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