: Die alten Fronten bleiben bestehen
■ Unscom-Chef Butler fand in Bagdad keine Zeichen der Entspannung
Genf (taz) – Neben der Vereinbarung zweier Expertentreffen über atomare Raketensprengköpfe und Chemiewaffen hat die Bagdad-Reise des Chefs der UNO-Sonderkommission zur Zerstörung der irakischen Massenvernichtungsmittel (Unscom), Richard Butler, eine weitere Eskalation des Konflikts zwischen Irak und der UNO deutlich gemacht. In einem Telefonat mit UN-Generalsekretär Kofi Annan wie in seinem schriftlichen Bericht für die für morgen anberaumte Irak-Diskussion des UN-Sicherheitsrats machte Butler gestern deutlich, daß Iraks Haltung in den zwei seit Oktober 1997 schwelenden zentralen Konflikten unverändert ist: Weiterhin verweigert Bagdad den rund 120 UN-Waffeninspektoren jeglichen Zugang zu über 70 Anlagen, die als „Präsidentenpaläste“ und „Einrichtungen von Bedeutung für die nationale Sicherheit“ deklariert sind. Zudem habe Iraks stellvertretender Ministerpräsident Tarik Asis auf einer Reduzierung der Zahl nicht nur US-amerikanischer, sondern neuerdings auch britischer Inspektoren in den Unscom-Teams bestanden. Andernfalls werde Irak auch künftig Unscom-Kontrollen verhindern.
Damit dürfte ein Anfang November nach Vermittlung durch Rußlands Außenminister Jewgeni Primakow erzielter Kompromiß endgültig gegenstandslos sein. Schon damals sprachen einige Beobachter von einer „Scheinlösung“, die lediglich Rußland einen diplomatischen Erfolg in den Augen der Weltöffentlichkeit bescherte. Laut dem offiziell nie bestätigten Kompromiß sollte zwar nicht — wie vom Irak verlangt — die absolute Anzahl der US-Inspektoren verringert werden, wohl aber durch die Entsendung zusätzlicher Inspektoren aus anderen Ländern ihr prozentualer Anteil sinken. Insbesondere die ständigen Mitgliedsstaaten des Sicherheitsrates – Rußland, Frankreich und China – sollten stärker beteiligt werden. Bislang haben diese Staaten der Unscom aber keine zusätzlichen Inspektoren angeboten.
Irak verschärfte seine Haltung mit der ultimativen Forderung nach Beendigung der Unscom-Tätigkeit bis zum 20. Mai und Aufhebung aller UN-Sanktionen bis Ende Juni. Andernfalls sei Irak „bereit zum heiligen Krieg“, drohte Präsident Saddam Hussein.
Die für Anfang Februar vereinbarten Expertentreffen sind nach Darstellung der UNO lediglich „technische Lagebesprechungen“. Irakische Politiker und Medien erwecken hingegen den Eindruck, es handele sich um hochrangige Konferenzen mit Relevanz für die politischen Fragen künftiger Inspektionen und die mögliche Aufhebung der UN-Sanktionen. Andreas Zumach
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