: Sauberkeit für den Minister
Bundesinnenminister Kanther und Innensenator Schönbohm inspizierten die neue Zusammenarbeit zwischen Polizei und Grenzschutz in der extra gereinigten U-Bahn ■ Von Barbara Junge
Auf dem U-Bahnhof Platz der Luftbrücke riecht es noch nach Dispersionsfarbe. Doch es ist wieder still geworden – der Trubel ist vorbei. Die Kohorte aus Polizeibeamten um Bundesinnenminister Manfred Kanther, Innensenator Jörg Schönbohm (beide CDU) und Polizeipräsident Hagen Saberschinsky ist zur Erkundung der öffentlichen Sicherheit und Sauberkeit in der Berliner U-Bahn Richtung Bahnhof Zoo weitergezogen. EinwohnerInnen, die zum ersten Mal im Leben einen Bundesinnenminister in der U-Bahn getroffen haben, stehen wieder alleine auf dem Bahnsteig – vor Aufregung haben sie glatt vergessen, in den Zug einzusteigen.
Auch die kleinen Grüppchen abgerissener junger Männer sind verschwunden. Stundenlang haben sie im Farbgestank ausgeharrt, sich verschämt in dem kurzfristig übermalten Bahnhof herumgedrückt und versucht, unauffällig auszusehen.
Die Hauptstadt sollte sich gestern zur Präsentation der „Aktion Sicherheitsnetz“ von seiner besten Seite zeigen. Die Graffiti auf den bräunlichen Kacheln des U-Bahnhofs am Ausgang zum Polizeipräsidium wurden flugs – sehr zum Unwillen der Denkmalschützer – gelb überstrichen.
Die unauffälligen Zivilbeamten sorgten dafür, daß auf den Stationen keine unerwünschten Zwischenfälle passieren konnten. Mit der „Aktion Sicherheitsnetz“ kommt die Debatte aus dem vergangenen Sommer um „Null- Toleranz“ nach dem Muster der New Yorker Polizei in praktischer Form nach Berlin zurück. Der Einsatz von Bundesgrenzschutz und Berliner Polizei in U- und S-Bahn gegen Graffiti-Sprayer, Bettler, Kleinkriminelle, den sich der Innenminister gestern zeigen ließ, gehört zum Sicherheitskonzept der Bundesregierung für den neuen Regierungssitz.
Die Aktion Sicherheitsnetz ist dabei ein Pilotprojekt zur Zusammenarbeit von Bundesgrenzschutz und örtlicher Polizei. Erstmalig wurde eine solche Zusammenarbeit in der Hauptstadt von einer gemeinsamen Befehlsstelle aus geleitet.
„Die Bundesregierung bringt eine hohe Entschlossenheit mit, in Berlin ein sympathisches Sicherheitsantlitz zu gewährleisen“, sagte Kanther anläßlich der Präsentation. „Und weil Berlin das größte Schaufenster der Republik sein wird, wird dieses Schaufenster sicher nicht durch Randale und Gewalt geprägt sein.“
Zur Übertünchung des U- Bahnhofs sagte Innensenator Schönbohm gestern: „Wir wollen keine potemkinschen Dörfer, wir wollen saubere Bahnhöfe. Also kommen Sie, Herr Minister, öfter vorbei.“
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