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U-Bahn-Protestparty gegen die BVG

■ Phantasie-Uniformen, Tanzmusik und Sekt gegen „Vertreibung, Privatisierung und Schwarzfahrerhatz“. Samstag Demo gegen Tarife

Im U-Bahnzug der U 2 ab Vinetastraße ging am Mittwoch abend die Post ab: Im „Sicherheitswagen“ kontrollierten uniformierte „Sicherheitsbeamte“ die Fahrgäste, Plakate warnten vor Hunden, die „für die BVG beißen“. Im „Partywagen“ nebenan schallte Tanzmusik, verhüllte Lampen verbreiteten gedämpftes Licht, Konfetti rieselte. Im „1.Klasse-Wagen“ schließlich war der Boden mit einem roten Teppich bedeckt, schicke Menschen schenkten Sekt aus, an den Fenstern kündeten Schilder vom exklusiven Charakter der Veranstaltung.

Doch im Gegensatz zur S-Bahn testet die BVG keine neuen Kundenkreise. Die Umfunktionierung der U-Bahnwagen war im Gegenteil ein Protest gegen die geplanten Erhöhungen der Fahrpreise und gegen die Sicherheitsmaßnahmen. In einem Flugblatt, das den offiziellen Informationen nachempfunden war, wandten sich die „RVG“, die „Revolutionierte Verkehrsgesellschaft“, gegen die „Vertreibung von Obdachlosen, BettlerInnen und Junkies“ aus den Bahnhöfen, gegen „rassistische Übergriffe von privaten U-Bahn-Sheriffs“ und gegen die „anhaltende Hatz auf SchwarzfahrerInnen“. Nach etwa einer Viertelstunde Fahrzeit stiegen nach Angaben von Teilnehmern Beamte in die Bahn, um das Treiben zu unterbinden. Doch „Anstifter“ fanden sie nicht. Die etwa 30 AktivistInnen verließen am Bahnhof Zoo unbehelligt die U-Bahn.

Auch am nächsten Tag riefen noch Aufkleber im bekannten BVG-Layout zum Fahrkarten-Recycling auf: Um die „BVG-Kosten im Interesse aller so gering wie möglich zu halten“, sollten noch gültige Fahrausweise nach dem Ende der Fahrt in die Ticketautomaten gelegt werden: „Andere Fahrgäste werden es Ihnen danken“, hieß es.

Die Aktion mit ihrer Forderung nach einem Nulltarif im öffentlichen Nahverkehr traf mit der Vorbereitung zu einer von der Grünen Liga veranstalteten Großdemonstration am Samstag zusammen. Unter dem Motto „Zuviel ist zuviel“ soll gegen die Verkehrspolitik protestiert werden. Die Bündnisgrünen haben selbst zum Fälscherwerkzeug gegriffen und eine „BVG-Sammlerkarte“ gedruckt, die über dem Bild von Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU) die Aufschrift trägt: „Hiermit den Entwerter füttern“. Gefordert werden neben niedrigen Tarifen und Busspuren auch der Erhalt der Sozialtarife und die kostenlose Mitnahme von Fahrrädern. bpo

Demonstration „Zuviel ist zuviel“, Samstag, 24. 1., 13.30 Uhr, vom Brandenburger Tor zum Roten Rathaus

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