: Fidel und Karol Wojtyla: Zwei Herzen, eine Seele
Triumphaler Empfang des Papstes in Kuba: Allen voran betont Fidel Castro die Gemeinsamkeiten mit Johannes Paul ■ Von Bernd Pickert
Berlin (taz) – Die Sonne und Fidel Castro strahlten, als Papst Johannes Paul II. am Mittwoch nachmittag auf dem Flughafen der kubanischen Hauptstadt landete. Damit der Papst nicht zu Boden geht, wenn er selbigen zu küssen versucht, reichten ihm vier kubanische Kinder – zwei schwarze, zwei weiße – ein Kästchen mit kubanischer Erde, das sich der Heilige Vater zum Munde führte.
Mit militärischen Ehren, selbst aber im untadeligen dunkelblauen Anzug statt im traditionell revolutionären Drillich gekleidet, begrüßte Castro das Oberhaupt der katholischen Kirche, während auf dem Flugfeld einige hundert Bischöfe und Kardinäle aus aller Welt Spalier standen und eine Gruppe Nonnen und Mönche unablässig rief: „Man fühlt es, man fühlt es: Der Papst ist da!“ Auf spanisch reimt sich das.
Begeisterte Slogans riefen auch die Tausende KubanerInnen, die dem Papst auf der Fahrt vom Flughafen in die Innenstadt Havannas enthusiastisch zujubelten und Fähnchen in den Farben Kubas und des Vatikans schwenkten.
Castro hat nichts unversucht gelassen, um den Besuch des Papstes, immerhin ein überzeugter Antikommunist, für sich zu nutzen. Nicht nur, daß er selbst die KubanerInnen aufrief, an den vier Messen unter freiem Himmel teilzunehmen, die der Papst bis zum Sonntag zelebrieren will. Vor wenigen Tagen zitierte Castro im kubanischen Fernsehen stundenlang aus den Reden des Papstes Passagen zu sozialen Fragen, um in seiner Begrüßungsansprache erneut Gemeinsamkeiten herauszustellen: „Wir ziehen den Tod dem Aufgeben unserer Prinzipien vor. Wie die Kirche, hat auch die Revolution viele Märtyrer.“
Zum Beispiel Che Guevara: Von mitreisenden Journalisten um seine Meinung zum jüngst endgültig begrabenen Revolutionsidol gebeten, antwortete Johannes Paul II. im Flugzeug auf dem Weg nach Havanna: „Er wird vor Gottes Gericht stehen – ich bin sicher, daß er den Armen dienen wollte.“
Nach der Situation Kubas gefragt, sagte der Papst, das Land habe mit der Revolution Fortschritte bei Bildung und Gesundheitsversorgung gemacht. „Ich hoffe, daß es auch in bezug auf die menschlichen Freiheiten und die persönliche Würde Fortschritte gibt.“ Die USA rief er erneut auf, ihre Isolationspolitik zu verändern – woraufhin US-Präsident Bill Clinton sich genötigt sah, das Embargo zu verteidigen. Solange es in Kuba keine spürbare demokratische Öffnung gebe, sagte Clinton in Washington, sei Druck eine „gute Politik“.
Die Signale, die bislang vom Besuch des Papstes ausgehen, stehen jedoch auf Annäherung. In seiner Rede auf dem Flughafen sagte der Pontifex, Kuba möge sich der Welt öffnen und die Welt möge sich Kuba öffnen. Er bete dafür, daß „dieses Land jedem ein Klima der Freiheit, des gegenseitigen Vertrauens, sozialer Gerechtigkeit und dauerhaften Friedens“ biete. Castro, bekannt dafür, den Kubanern in seinen Reden verbindliche Vorschläge zu machen, wie die Ereignisse dieser Welt zu interpretieren seien, stimmte auf seine Weise zu: Nirgendwo, sagte er, würden die Ideen des Papstes über gerechte Verteilung von Wohlstand und Solidarität unter den Völkern besser verstanden als in Kuba.
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