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Wandlos glücklich

Das Atelier als Lebensraum: Im Künstlerhaus an der Weidenallee lassen sich Wohnen und Arbeiten kreativ kombinieren  ■ Von Miguel Hoeltje

Wenn Sabine Mohr an ihren Rauminstallationen feilt und sägt und hämmert, dann beschwert sich von ihren Nachbarn keiner über den Lärm. Auch nicht Anja Forbriger, die Schriftstellerin von nebenan. Die allerdings wohnt nicht hier – undenkbar für Sabine Mohr. Für die bildende Künstlerin ist es „unheimlich wichtig, sich frei zu fühlen“. Deshalb habe sie ganz gezielt nach einer Fabriketage gesucht, um Wohnen und Arbeit in einen Raum zu bringen. Seit 1984 lebt die 42jährige in einer ehemaligen Schraubenfabrik im Schanzenviertel.

Dort, in der Weidenallee, haben die 14 Mitglieder des Künstlervereins Hamburg ihre Ateliers. Die insgesamt 800 Quadratmeter des „Künstlerhauses“gelten zwar als Gewerberaum, doch eine „spezielle Vereinbarung“mit dem Vermieter ermöglicht Sabine Mohr und sechs weiteren KollegInnen eine Teilnutzung als Wohnung.

70 Quadratemeter mißt das Atelier, große Fenster lassen jede Menge Licht herein. In der einen Ecke steht, umgeben von einer halbhohen Metall-Balustrade, das Bett, der Rest ist Platz „zum Werkeln“. In dem großen Raum bemühe sie sich „immer wieder, einen Zustand bürgerlicher Wohnkultur herzustellen“– aus „Behaglichkeitsgründen“, sagt die 42jährige. Deshalb auch die leicht abgetrennte Schlafnische, die Sabine Mohr als ihr „kleines Nest“beschreibt. Doch im Prinzip liebe sie „das Offene“. „Die meisten Wohnungen geben den Leuten vor, wie sie zu leben haben. Hier Schlafzimmer, da Flur, dort Wohnzimmer. Teilt man 60 Quadratmeter so auf, läßt es einem weniger Platz zum Gestalten als der gleiche Raum ohne Wände.“

Privilegiert fühlt sich Sabine Mohr in ihrer großzügigen Umgebung nicht, denn „das haben wir uns mit viel Engagement selbst geschaffen“. Der Künstlerverein ist für die Instandhaltung des rund neunzig Jahre alten Industriegebäudes selbst verantwortlich. Die Arbeiten zu einer Grundsanierung der Innenräume wurden gerade abgeschlossen – sanitäre Anlagen wurden erneuert, Elektrik und Fenster modernisiert.

„Dadurch, daß man alles selbst macht“, sagt Anja Forbriger, „entwickelt man eine spezielle Beziehung zu den Räumen. Das ist etwas ganz anderes als in einer kleinen Wohnung.“Die Schriftstellerin schätzt die Weitläufigkeit vor allem, weil sie mehr Raum für Begegnungen bietet: „Hier ist eigentlich immer jemand unterwegs, während ich arbeite. Das ist inspirierende Ablenkung und schärft gleichzeitig die Konzentration.“

„Leben, Arbeit, Austausch“heißt denn auch das Künstlerhaus-Konzept, das im vergangenen Jahr kurzfristig auf der Kippe stand. 1977 war das bis dahin leerstehende Gebäude von dem eigens dafür gegründeten „Künstlerverein Hamburg“gemietet und in Eigenarbeit, mit finanzieller Unterstützung der Kulturbehörde, in Ateliers umgewandelt worden.

Die relativ geringe Miete von sechs Mark pro Quadratmeter und ein 20-Jahresvertrag gaben dem Projekt eine langfristige Sicherheit. Doch als das Haus, bis dato im Besitz einer Erbengemeinschaft, vor einigen Jahren verkauft wurde und 1997 der Mietvertrag auslief, „gab es Krach“. Zähe Verhandlungen haben nun zumindest ein Weiterbestehen des Künstlerhauses erwirkt, zu einem stolzen Preis: Die Mieterhöhung beträgt gut hundert Prozent.

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