: „Die Kirche berät gut“
■ Die bündnisgrüne Rita Grießhaber will, daß die Kirche weiter Konfliktberatung treibt
taz: Warum soll die Kirche nicht aus der Schwangerschaftskonfliktberatung aussteigen?
Rita Grießhaber: Mir liegt daran, daß das Beratungsangebot wirklich plural ist. Jede Frau soll das Angebot finden, das ihr entspricht – egal welchen Glauben sie hat und welche Überzeugungen.
Schon jetzt finden nur wenige der Beratungen bei den Katholiken statt. Es gibt Alternativen.
Es geht nicht darum – obwohl das behauptet wird –, daß das Beratungsnetz zusammenbrechen würde. Es geht darum, daß die Kirchen sehr gute Beratungsstellen aufgebaut haben.
Worauf gründen Sie das Urteil?
Die meisten Frauen, die in katholischen Büros tätig sind, haben ein anderes Verständnis ihrer Arbeit als etliche Rechtspolitiker in der CDU/CSU. Sie wissen genau, daß man nicht bevormunden kann, wenn man beraten will. Das Hauptproblem ist ja 1993 vom Bundesverfassungsgericht geschaffen worden, indem eine ,ergebnisoffene‘ Zwangsberatung vorgeschrieben wurde. Nach meiner Beobachtung haben die Beraterinnen diese Quadratur des Kreises meist geschafft.
Aber die Bischofskonferenz hat rigide Richtlinien für die Beratung: Es ist katholischen Beraterinnen etwa untersagt, über Ärzte und finanzielle Unterstützung bei einer Abtreibung zu informieren.
Die Richtlinien werden sehr unterschiedlich gehandhabt. Ich weiß aus Nordrhein-Westfalen, daß es seitens der Kirche hieß: Das sind mehr oder weniger interne Überlegungen. Mir selbst ist keine Frau bekannt, der eine katholische Beratungsstelle diese Informationen verweigert hat.
Das hieße, daß die Beraterinnen die Richtlinien umgehen? Unterstützen Sie da nicht eine doppelzüngige Haltung der Kirche? Nein, weil ich immer gesagt habe: Die Kirche muß sich ans Gesetz halten. Es ist eher das Problem der Beraterinnen, wie sie das mit ihrer Kirche lösen. Ich sehe, daß sie damit sehr sorgfältig und im Sinne der Frauen umgehen. Und es ist vor allem eine Gratwanderung für die Kirche, die für das ungeborene Leben beraten will, sich aber auch ans Gesetz zu halten hat.
Wäre es nicht konsequent, zu sagen: Wir brauchen die Kirche bei der Beratung nicht!
Das ist die Haltung: Alles oder nichts. Ich habe mich aber im Kampf um den Paragraphen 218 immer auch um die Details der Umsetzung gekümmert. Als Gegnerin des jetzigen Gesetzes sehe ich sehr wohl, daß es den Frauen viel zuviel zumutet. Aber ich muß doch die Frau sehen, die einen Abbruch will und den Beratungsschein braucht. Wenn ich Realpolitik machen will, kann ich nicht sagen: Weil das Bundesverfassungsgericht etwas gemacht hat, das ich politisch nicht gut finde, lasse ich die Frauen im Stich. Das geht nicht. Interview: Bettina Markmeyer
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen