: Kubas Regierung übernimmt wieder
■ Mit einer Kritik am US-Embargo gegen Kuba hat sich Papst Johannes Paul II. nach einer vielbejubelten Messe von Fidel Castro verabschiedet
Havanna (rtr/taz) – Eine Abkehr vom Sozialismus wird es nach den Worten des kubanischen Staats- und Parteichefs Fidel Castro auch nach dem Papstbesuch nicht geben. Bei der Verabschiedung Johannes Pauls II. sagte Castro am Sonntag in Havanna, sein Land halte an den Grundsätzen des Sozialismus fest.
Diejenigen, die von dem fünftägigen Papstbesuch den spontanen Zusammenbruch des Kommunismus erwartet hätten, hätten sich in ihrer „eitlen Hoffnung“ getäuscht, sagte Castro auf dem Flughafen bei der Verabschiedung des Papstes. Die Kubaner blieben ihren Grundsätzen treu wie die Märtyrer zu Zeiten der Christenverfolgung im alten Rom. Das Embargo der US-Amerikaner sei ein „monströses Verbrechen“, vergleichbar mit der NS-Judenvernichtung.
Der Papst griff das Thema der Sanktionen ebenfalls erneut auf und erklärte, durch das Embargo würden gerade die Armen und Schwachen am härtesten getroffen. Es sei schlimm, daß einige wenige Länder immer reicher würden, während sich gleichzeitig die Massenarmut in vielen anderen Ländern immer mehr ausbreite.
Zuvor hatte Johannes Paul in einer Predigt vor über 300.000 Menschen auf dem Platz der Revolution in Havanna, bei der auch Castro zugegen war, Auswüchse des Kommunismus und Kapitalismus gleichermaßen scharf kritisiert. Immer wieder unterbrochen von Applaus und Hochrufen geißelte der Papst die Doktrin des Atheismus ebenso wie den neoliberalen Kapitalismus, der die Menschen allein der Willkür der Marktkräfte überlasse. Zugleich forderte der Papst Gewissensfreiheit für alle Menschen ein – Grundlage und Basis aller Menschenrechte. „Der Papst will, daß wir alle frei sind“, scholl es daraufhin aus der begeisterten Menge. Sicherheitskräfte in Zivil hatten zuvor bereits einige Personen unauffällig festgenommen, die auf Spruchbändern „Nieder mit der Diktatur der Castro-Brüder“ hatten fordern wollen.
Im persönlichen Gespräch mit Castro hatte der Papst die Bitte um Milde für Häftlinge, darunter auch politische Gefangene, vorgebracht. Menschenrechtsgruppen sprechen von etwa 500 Personen, die aus Gewissensgründen in Kuba eingesperrt sind. In einem Interview des US-Senders CNN sagte der Präsident der kubanischen Nationalversammlung, Ricardo Alarcon, eine Überprüfung zu, verneinte jedoch, daß in Kuba überhaupt jemand wegen seiner Überzeugung eingesperrt werde. Für die Zukunft sei damit zu rechnen, daß der Spielraum für christliche Religionen in Kuba zunehmen werde, sagte Alarcon.
Der Papst genoß den Beifall vor dem Abflug sichtlich. Der 77jährige scherzte sogar: Beifall finde er gut, weil es ihm Gelegenheit zum Ausruhen gebe. „Johannes Paul, unser Freund“, riefen Anhänger, „nimm uns mit.“ Beobachter wollen gehört haben, daß einige auch riefen „nimm ihn mit“, was wohl Fidel Castro galt. Der allerdings blieb in Kuba. Kommentar Seite 12
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