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Er brauchte nur einen Meter

■ Als das Kino fliegen lernte: eine kleine Retrospektive zu Ehren des japanischen Schauspielers Toshiro Mifune im Metropolis

Es kann nur zwei geben. Da ist das traditionelle japanische Kino der verschollenen Pergamentrollen und fliegenden Schwerteschwinger rigoros. Seine Helden zählen entweder zur der Sorte „tachiyaku“oder zu der des „nimaime“. „Nimaime“beschreibt den gutaussehenden jungen Mann mit Schlag bei Frauen, der aber niemals zum Drachentöter taugt. Der „tachiyaku“hingegen ist der starke Samurai-Typ, in dessen Kodex die Loyalität turmhoch über der Liebe steht. Er kann zwar grandios kämpfen, sich jedoch nicht verlieben.

Toshiro Mifune spielte fast ausnahmslos den „tachiyaku“, und wenn er einmal küssen mußte, schien er sich stets recht unbehaglich zu fühlen. Kurz: Als Womanizer war er schlicht fehlbesetzt. Toshiro Mifune, der vergangenen Dezember im Alter von 77 Jahren in Tokio starb, hat in über 130 Filmen mitgewirkt. Seinen Weltruhm verdankt er vor allem aber dem Regisseur Akira Kurosawa, mit dessen Rashomon Mifune sich auf seinen ersten Höhepunkt mimte. In der ins mittelalterliche Japan verlegten Shakespeare-Adaption Das Schloß im Spinnwebwald (1957) gibt Mifune den an den Macbeth angelehnten Samurai-Fürsten. Nicht nur seine enorme physische Präsenz, seine Artistik und Körperbeherrschung, sondern auch seine Balance zwischen Tragik und Komik zeichnen den Schauspieler Mifune aus. Kurosawa sah dieses Talent durchaus praktisch: „Wo der normale japanische Schauspieler drei Meter Film benötigte, um etwas auszudrücken, da kam Mifune mit einem Meter aus.“

Die Erfolge Yojimbo, für den Mifune den Goldenen Löwen in Empfang nehmen durfte, und auch Die sieben Samurai inspirierten westliche Filmemacher, wie Sergio Leone (Für eine Handvoll Dollar) wenig später zu Remakes. Mal nicht als Schwertfuchtler, sondern als Schuhfabrikant ist Mifune in dem Kidnapping-Drama Zwischen Himmel und Hölle (1963), nach dem Roman King's Ransom von Ed McBain, zu sehen.

1965 trennten sich nach diversen Streitigkeiten die Wege von Mifune und Kurosawa. Doch Mifune erhielt mittlerweile auch internationale Angebote und avancierte zum Exportschlager, der ebenso in Steven Spielbergs Satire 1981- Wo bitte geht's nach Hollywood? als auch in der US-amerikanischen TV-Serie Shogun auftauchte. Danach konnte auch Hollywood, dem man als Japaner schon in serieller Hartnäckigkeit entgegenspielen muß, nicht anders und ehrte Mifune für sein Lebenswerk 1990 mit einem Oscar.

Tim Gallwitz

„Das Schloß im Spinnwebwald“(OmU): Mo 2. - Do 5.2.; „Yojimbo“: Fr 6.2., So 8.2., Mo 9.2., Mi 11.2. „Sanjuro“: Fr 13.2., Sa 14.2., Mo 16.2.; „Zwischen Himmel und Hölle“(OmU): Fr 20.2., Sa 21.2., Di 24.2.

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