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Apfelsinen holzhart

■ Drei Diplomandinnen der HfK zeigen ab heute ihre Arbeiten

Alles grün. Üppig wuchert die butterblumenbestückte Wiese. Die Apfelsinen hängen schwer im Baum, Rhododendronsträucher stehen in voller Blüte, und liebliche Stiefmütterchen warten nur darauf, von zarter Hand geknickt und dem Vergammeln in einer bunten Vase anheimgegeben zu werden. Ein, zwei Schritte nach vorn, hinein in diese verlockende Oase – und zack, mindestens das Nasenbein ist zerknickt. Denn Ilze Orinskas Installation „Naturraum“ist nur gemalt, bremst die Sehnsucht nach wirklichem Einklang mit der idyllischen Natur durch vier – wenn auch schön kitschig und detaillreich bemalte – Holzwände.Vier Quadratmeter Naturillusion im 3D-Format: Orinskas Arbeit – entstanden als Diplomarbeit im Fach Freie Kunst an der Hochschule für Künste (HfK) – eröffnet dem schwer gebeutelten Medium Malerei im wahrsten Sinne des Wortes neue Räume und bedient sich dabei uralter menschlicher Sehnsüchte. Leuchtendes Farbenspiel, oppulente Schau, der unstillbare Wunsch, alles zugleich sehen, fühlen und erleben zu können. Auf daß die Zeit stehenbleibt.

Raus aus dem Raum, schon steht man im nächsten: der Galerie der HfK, umgeben von den Arbeiten Maike Hartwigs. 100 kachelgroße Holzschilder verteilen sich auf der Wand, variieren immer wieder aufs Neue die Farben Schwarz, Rot und Weiß. Auf den ersten Blick erkennt man viel Bekanntes: Pfeile, Kreuze und Kreise, Symbole aus der Welt der Verkehrszeichen und Werbung. Und doch: Hartwigs „Hundert Tips für ein besseres Leben“liegen immer haarscharf daneben, greifen die in der Regel klar definierten Motive verschiedener Sprach- und Bildebenen nur auf, um sie dann zu verfremden. Das Symbol ist eindeutig, seine Bedeutung aber bleibt unbekannt. Wie im richtigen Leben halt: Jeden Morgen versucht man, die Milchtüte gemäß der Anleitung zu öffnen, die in kleinen Piktogrammen am Packungsrand abgebildet ist. Klappt nie, und doch vertraut man am nächsten Tag wieder dieser eindeutig sinnlosen Gebrauchsanweisung. Womöglich liegt es an den Piktogrammen selbst: Hartwigs überdimensionale Vergrößerung der Piktogramme, die neben den hundert Schildern hängen, zeigt die abgründige Welt des Symbolischen. Und plötzlich sieht man klar: Nicht Milchtüten, sondern Männer, die durch Ferngläser schauen, pappen an der Milchpackung. Was mit einem Mal erklärt, warum das Öffnen der Tüte, derart mysteriös angeleitet, nur in die Hose gehen kann.

Dritte im Bunde der Diplomandinnen, die in der Galerie ihre Abschlußarbeiten zeigen, ist Elke Petzel. Im Gegensatz zu Hartwig widmet sie sich dem großen Format. Zwei Leinwände in der Größe von 2x3 m hat die 36jährige überwiegend mit den Farben Blau, Violett und Rot bemalt. Unter der Farbschicht sind skizzenhaft figurative Formen zu erahnen. Doch ist der Blick auf sie nur gebrochen möglich. Es dominiert der energische Gestus des Farbauftrags, dem die engen Grenzen des Figurativen nicht genügen und ihn deshalb impulsiv durchbricht. zott

Die Ausstellung wird heute um 19 Uhr eröffnet und ist bis zum 1. Februar zwischen 11-18 Uhr in der HfK-Galerie, Dechanatstraße 13-15, zu sehen

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