Außer Spesen nichts gewesen

■ Nach zwei Jahren steht fest: Die von der Koalition versprochene Parlamentsreform wird es vorerst nicht geben

Nach zweijähriger Arbeit hat letzte Woche der nichtselbständige Ausschuß „Verfassungs- und Parlamentsreform“seinen Schlußbericht vorgelegt. Ergebnis: Eine umfassende Parlamentsreform wird es nicht geben. Selbst der rechtspolitische Sprecher der SPD, Horst Isola, räumte ein, daß das Ergebnis „nicht sehr üppig ausgefallen ist“. Doch man solle Reformen nicht „mit der Axt“vorantreiben, meinte er in der Bürgerschafts-Aussprache. Genau wie die CDU ist auch die SPD sicher, daß sich das Parlament nach den nächsten Wahlen erneut mit dem Thema beschäftigen wird.

Weder Opposition noch Koalition bestreiten, daß vieles nicht nur auf den Prüfstand, sondern auch reformiert gehört. Zur Debatte standen eine Reihe von Fragen: Verkleinerung des Parlaments, Einführung von Ausschüssen statt Deputationen, Umwandlung des Teilzeit- in ein Vollzeitparlament und letztlich auch, ob in Zukunft Stadt- und Landesregierung stärker getrennt werden müssen. Doch die Angst geht um: Würde zuviel verändert, wäre das langfristig Wasser auf die Mühlen derjenigen, die das Land Bremen abschaffen wollen.

Ideen für Veränderungen gibt es schon lange. Am 14. Oktober 1994 gaben die Bremer in der zweiten Volksabstimmung seit dem Krieg ihr Ja-Wort zu einer neuen Verfassung, nachdem ihnen dafür Reformen der Bürgerschaft versprochen worden waren. Zwei Jahre lang hatte ein Ausschuß an überfälligen Veränderungen gefeilt. Wichtigster Punkt: Endlich mußten Verfassungsänderungen in der Bürgerschaft nicht mehr einstimmig beschlossen werden. Genau das hatte zuvor Reformen verhindert.

Die Verkleinerung des 100köpfigen Parlaments, die auch im Wahlprogramm der CheDU stand, wird immer wieder hinausgeschoben. Der Vorwurf der Oppositionsparteien ist, daß damit schlicht an alten Pfründen festgehalten wird. Nicht nur die Grünen befürchten, daß mit einer Verkleinerung auf 75 Abgeordnete (60 aus der Stadtgemeinde Bremen und 15 aus Bremerhaven) auch die Arbeitsbelastung steigen würde.

Daher gibt es eine weitere Diskussion, ob die Teilzeit-Parlamentarier nach einer Verkleinerung einen Vollzeit-Status und damit auch mehr Geld bekommen sollen. Das, so die Grünen, sei zusammen mit einer Verkleinerung immer noch billiger als der jetzige Zustand.

Noch ein Problem wurde zwar aufgeschoben, aber nicht aufgehoben: Die Bürgerschaft ist gleichzeitig Kommunal- und Landesvertretung. EU-Ausländer dürfen inzwischen für Kommunalwahlen kandidieren. Im Landesparlament dürfen sie nicht sitzen. Bisher wird in Bremen beides mit einer Stimme gewählt. Eine getrennte Wahl, so die Befürchtung, würde aber eine stärkere Trennung von Stadt- und Landespolitik in der Bürgerschaft erzwingen. Außerdem könnten die ausländischen Abgeordneten in der Stadtbürgerschaft ihre Stadtregierung, den Senat, nicht mitwählen. Der wird nämlich im Bürgerschaft-Landtag gewählt.

Nur ausgesuchte Gremien der Bürgerschaft werden umgekrempelt, Deputationen, eigentlich reine Verwaltungsgremien, durch Ausschüsse ersetzt, die von Parlamentariern geleitet werden. Meistens zwingen höchstrichterliche Entscheidungen zu diesen Neuerungen. Doch das ist der Opposition nicht genug. Die Grünen wollen die ausbleibenden Reformen zum Wahlkampfthema machen. Und auch die AfB geht mit der Behäbigkeit der Koalition hart ins Gericht. „Ich habe heute eine neue Definition von Reform gelernt“, meint Andreas Lojewski. „Hier bedeutet Reform Beständigkeit.“

Christoph Dowe