: Poetry Dichter Wettstreit
Rechtschreibreform, Müllcontainer, Currywürste, des Dichters Selbstverständnis ... die Themenvielfalt beim dritten Poetry Dichter Wettstreit vom Club der lebenden Dichter am Samstag in der Honigfabrik war enorm. Henrik Thiess, ehemaliger Pädagogikstudent und Hundehasser, seit ihn im Alter von drei Jahren „so'n Viech decken wollte“, schleuderte Plattdeutsches ins Publikum; der begnadete Kurzgeschichtenschreiber Reimer Eilers dozierte über seine Begegnung mit dem Messias, und Christine Zickmann steurte sozialkritisch einen Beitrag über Obdachlosigkeit bei, um anschließend über Krawatten und Plateausohlen zu sinnieren.
Die Regeln sind hart. Fünf Minuten Lesezeit für jeden. Da kam es schon mal vor, daß die Pointe von einem klingelnden Wecker zerrissen wurde. Anschließend mußten sich die AutorInnen weitere fünf Minuten den gnadenlosen Fragen des Publikums stellen. „Sprich zu uns über Drogen!“wurde dem Schriftsteller Kai Engelkes an den Kopf geworfen. Der ehemalige taz-Kulturjournalist räumte mit seinen engagiert dargebotenen Versen über „Atommülldepo-nie“, Bruttosozialprodukt und „Detlevs Mutter“schließlich den ersten Preis ab.
Clubgründer Rainer Krusch war zufrieden: Die Hoffnung, statt wilder Wortgefechte den Autoren ein lebendiges Forum zu bieten, erfüllte sich. Das etwas magere Rahmenprogramm minderte die Qualität des lyrischen Beisammenseins höchstens in puncto Entertainment.
Außerdem mit dabei waren Björn Kuhligk, der aus seiner Vergangenheit als Demonstrant berichtete, Inga Sawade, die unerbittlich in ihrer Kurzgeschichte einen Kindesmißbrauch schilderte, Karsten Lieberam-Schmidt, der mit einer Goethe-Anleihe in den Ring stieg, der Liedermacher Olaf Jäckel und Harry Springer, Herausgeber der jährlich erscheinenden Literaturzeitschrift Mezzotinto. Fürs Auge gab es eine kleine Ausstellung expressiv-spontaner Gestenmalerei des Hamburger Malers Uwe Krauser, dessen Bilder wie die zitierten Beiträge des Abends nicht in eine Form zu bringen waren. Kontrovers, grell, uneinheitlich; ein farbiger Aufschrei, der dem wortreichen Gerangel an Reibungslust nicht nachstand. Carsten Hansen
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