Australien sucht nach Alternativen zur Queen

■ Verfassungsgebende Versammlung diskutiert über künftiges Staatsoberhaupt. Die britische Queen wird nicht mehr als zeitgemäß empfunden, doch über die Alternative herrscht Uneinigkeit

Berlin (taz) – Was symbolisiert am besten Australien auf einer Fahne? Ein Känguruh? Ein Bumerang? Aborigines-Motive? Abwandlungen des britischen Union Jack? Oder Kombinationen daraus? Diese Frage bewegt derzeit die Gemüter in Australien. Eine Internetseite, die über 100 verschiedene Fahnenentwürfe zeigt, ist bereits über 100.000 Mal angeklickt worden. Die Debatte um eine neue Nationalfahne, die die bisherige blaue Flagge mit dem Union Jack und dem Kreuz des Südens ersetzen soll, zeigt die endgültige Abnabelung Australiens von der früheren Kolonialmacht Großbritannien.

Gravierender als die Flaggendiskussion ist der Streit um das künftige Staatsoberhaupt. Seit gestern tagt im alten Parlament in der Hauptstadt Canberra eine verfassungsgebende Versammlung. 152 Männer und Frauen sollen in zwei Wochen einen Vorschlag erarbeiten, ob und wie Australien von der konstitutionellen Monarchie zur Republik werden soll. Über diesen Vorschlag soll dann eine Volksabstimmung entscheiden.

Obgleich Australien, eine frühere britische Sträflingskolonie, bereits 1901 unabhängig wurde, ist die britische Queen formal noch immer australisches Staatsoberhaupt. Elisabeth II. wird vor Ort durch Generalgouverneur Sir William Deane vertreten, der vom australischen Premierminister ernannt, aber von der Queen bestätigt wurde. Wenngleich Staatsoberhaupt und Nationalfahne hauptsächlich repräsentative Funktionen haben, ist mit ihnen auch die Frage der australischen Identität verbunden. Während die letzte Labour-Regierung unter Paul Keating Australien in Asien verankerte, betont der jetzige konservative Premier John Howard die britischen Wurzeln.

Doch der erklärte Monarchist Howard hatte eine verfassungsgebende Versammlung und ein Referendum versprechen müssen. Im Dezember wurde eine Hälfte der Versammlung von der Regierung ernannt, die andere von der Bevölkerung gewählt. In Umfragen führen die Republikaner knapp. Ob es allerdings reicht, die für eine Verfassungsänderung notwendige Mehrheit der sechs Bundesstaaten und zwei Territorien zu bekommen, ist offen. Denn bisher hat sich das republikanische Lager nicht auf einen Vorschlag einigen können. Manche wollen die Direktwahl eines Präsidenten durch die Bevölkerung, andere die Wahl durch das Parlament. Umstritten sind auch die künftigen Befugnisse des Staatsoberhaupts. Howard räumt ein, daß es für Australien nicht zeitgemäß sei, sich sein Staatsoberhaupt mit anderen zu teilen. Bei der Eröffnung der Versammlung sagte er jedoch gestern, er glaube nicht, daß eine Republik zu einer besseren Regierungsform führen werde.

Falls die Versammlung mit klarer Mehrheit ein republikanisches Modell beschließt, will Howard darüber Ende 1999 in einem Referendum abstimmen lassen. Sollte es für kein Modell eine eindeutige Mehrheit geben, sollen bei den nächsten Wahlen mehrere Alternativen vorgeschlagen werden. Howards Zeitpunkt für die Einführung der Republik wäre der 100. Jahrestag der Unabhängigkeit – am 1. Januar 2001. Geht es nach der Labour-Opposition, soll das neue Oberhaupt bereits die Olympiade in Sydney am 15. September 2000 eröffnen. Sven Hansen