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US-Amerikaner auf Schnäppchenjagd

General Motors will beim südkoreanischen Autokonzern Daewoo einsteigen. Interesse haben die Manager auch an Kia, wo Ford bereits 16 Prozent hält. Es geht um gute Marktpositionen beim Verdrängungswettbewerb  ■ Von Annette Jensen

Berlin (taz) – Zurück zu den Ursprüngen: Der südkoreanische Autokonzern Daewoo sieht sich gezwungen, wieder mit General Motors (GM) zusammenzuarbeiten. Dabei hatte die Firma sich erst 1992 von seinem einstigen Mentor getrennt, weil die US-Amerikaner Daewoo vom Weltmarkt fernhalten wollten. Gestern unterzeichneten Manager beider Firmen die Absichtserklärung zu einem Kooperationsabkommen.

Koreanische Zeitungen hatten berichtet, GM wolle 50 Prozent von Daewoo Motors übernehmen und dafür 330 Millionen Dollar bezahlen; die Chefsessel sollten allerdings weiter mit Südkoreanern besetzt bleiben. Einige Beobachter bezweifeln, daß sich GM auf solch eine Konstruktion einlassen würde. Doch das koreanische Gesetz läßt bislang ausländische Mehrheitsbeteiligungen nicht zu. Noch in diesem Jahr soll das Gesetz allerdings gelockert werden: Dann wären 55prozentige Einkäufe möglich.

General Motors, dessen Absatz daheim 1997 um vier Prozent zurückging, hat vor allem Interesse an Daewoos Fabriken in Polen, Rumänien, Indien und der Ukraine. Im expandierenden Markt Osteuropas will GM dabeisein. Allein in Polen sollen demnächst 550.000 Daewoos im Jahr produziert werden. Ein Großteil davon soll im Inland verkauft werden. Nach einem Beitritt Polens zur EU wäre jedoch auch ganz Westeuropa offen. Auch in Süd- Korea selbst könnte die Koopoeration für GM von Vorteil sein, wenn die Finanzkrise überwunden ist und es der neuen Regierung gelingt, den Markt zum Teil weiter gegen Importe abzuschotten.

Doch im Grunde ist der südkoreanische Automarkt gnadenlos überversorgt: Im Jahr 2000 sollen dort sechs Millionen Autos hergestellt werden – bei einem inländischen Absatzvolumen von höchstens 1,2 Millionen Wagen. Und viele Manager fürchten, daß diese Prognose durch die Finanzkrise zu optimistisch ist.

Doch möglicherweise hält sie die Konkurrenz auch von neuen Projekten ab: Samsung hat bereist angekündigt, sein Engagement in der Autoindustrie noch einmal zu überdenken, und Hyundai hat auch schon seine Produktion heruntergefahren. Alle großen Unternehmen Süd-Koreas durchforsten zur Zeit ihre Beteiligungen und überlegen erstmals, unprofitable Bereiche abzustoßen.

Die GM-Manager wurden unterdessen nicht nur bei Daewoo vorstellig. Auch dem drittgrößten Autokonzern Süd-Koreas, Kia, haben sie bereits besucht. Ihre Landsleute von Ford waren schon vorher da und haben 16 Prozent des im vergangenen Herbst vor der Pleite stehenden Betriebs aufgekauft. Und auf ihrer Einkaufstour haben sich die US-Amerikaner auch die Zulieferindustrie des Landes angesehen.

Auf dem internationalen Automarkt steht in den kommenden Jahren aufgrund riesiger Überkapazitäten ein Verdrängungswettbewerb bevor, den kaum alle Firmen überleben werden. Die Großen fressen die Kleinen und bauen unrentable Produktionen ab.

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