Lukaschenko schränkt weitere Freiheiten ein

■ Zwischen Weißrußland und Polen wachsen die Spannungen wegen einer angeblicher Verschwörung gegen Präsident Lukaschenko. Der wittert überall seine politischen Gegner

Berlin (taz) – Weißrußland hat am Donnerstag seinen Botschafter in Polen zu Konsultationen nach Minsk zurückberufen. Zur Begründung sagte der weißrussische Außenminister Iwan Antonowitsch, Warschau habe ein Treffen weißrussischer Oppositioneller im ostpolnischen Bialistok geduldet und sich damit in die inneren Angelegenheiten Weißrußlands eingemischt. Überdies sei bei dem Treffen der Opposition der Sturz von Staatspräsident Alexander Lukaschenko diskutiert worden. Im Reich des autoritären und paranoiden Staatslenkers Lukaschenko sind derart absurde Verschwörungstheorien nichts Neues. Bereits im Januar streute das staatliche Fernsehen Gerüchte, wonach die Opposition die gewaltsame Absetzung Lukaschenkos vorbereite. Als einer der Drahtzieher wurde der Chef der Weißrussischen Volksfront (BNF), Semjon Posniak, entlarvt. Der sammelt angeblich dafür gerade mehrere Millionen Dollar. Posniak lebt als politischer Flüchtling in den USA.

Der drohende Staatsstreich lieferte der Regierung auch gleich den Vorwand, die ohnehin nur auf dem Papier existenten Grundrechte weitereinzuschränken. Neuen Gesetzen zufolge müssen jegliche öffentliche Veranstaltungen vorher von der Regierung genehmigt werden. Der Gebrauch von „unautorisierten“ Flaggen und Symbolen steht unter Strafe.

Die zumindest kurzfristige Abberufung des Botschafters aus Warschau hat für Minsk noch einen angenehmen Nebeneffekt. Eine Reise des polnischen Außenministers Bronislaw Geremek an der Spitze einer Delegation der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) Ende Februar nach Minsk wurde abgesagt.

Erfreuliches zum Thema Menschenrechte hätte Geremek in Weißrußland ohnehin nicht vorgefunden. Terror gegen die noch verbliebenen Vertreter der Opposition ist dort an der Tagesordnung. Pawel Scheremet, Direktor des Minsker Büros des russischen Fernsehsenders ORT, der vergangenes Jahr an der weißrussisch- litauischen Grenze recherchiert hatte und unter dem Vorwurf des illegalen Grenzübertritts mehrere Monate im Gefängnis saß, wurde jetzt zu zweieinhalb Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Das kommt einen Berufsverbot gleich. Doch Lukaschenko ficht das nicht an. Warum auch? Bei einem Treffen Likaschenkos mit Rußlands Präsident Boris Jelzin unlängst in Moskau, kündigte dieser an, sich beim Europarat im positiven Sinne für den Nachbarn verwenden zu wollen. Barbara Oertel

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