: Schöneberger Kultur zum Nulltarif vor dem Aus
■ Die Jugendlichen aus Drugstore und Potse wehren sich gegen die geplante Teilschließung
Das Drugstore ist ein stehender Begriff, wenn es um linke Subkultur, Punk und selbstverwaltete Freiräume geht. Seit 25 Jahren existiert das selbstverwaltete Jugendzentrum in der Potsdamer Straße 180 in Schöneberg und ist damit das älteste dieser Art in der Stadt. Hier organisieren Jugendliche regelmäßig ein Café, Filmveranstaltungen und Konzerte, zu denen mehrere hundert Besucher erscheinen. „Kultur zum Nulltarif“, wie sie es nennen.
Doch damit soll es nun vorbei sein, zumindest wenn es nach dem Willen eines Teils der Schöneberger Bezirksverordnetenversammlung (BVV) und des Jugendhilfeausschusses geht: Das Drugstore, dem bereits für dieses Jahr ein Siebtel der Sachmittel gestrichen wurde, soll in billigere und voraussichtlich kleinere Räume umziehen.
Bis zum nächsten Jahr müssen im Bereich der Jugendarbeit 270.000 Mark eingespart werden, und außerdem soll die Jugendarbeit umstrukturiert werden. Der Bezirk will weg von den festen Mietkosten und vorrangig Projekte fördern. Dementsprechend soll das fehlende Geld an dem mietintensiven Gebäudekomplex an der Potsdamer Straße, der der BVG gehört, gespart werden.
Die Jugendlichen aber wollen einen Umzug um jeden Preis verhindern. Kleinere Ersatzräume im Erdgeschoß halten sie für vollkommen ungeeignet: Große Veranstaltungen wären dort kaum möglich, Konflikte mit Anwohnern aufgrund des entstehenden Lärms vorprogrammiert. Noch schlechter sieht es für die ebenfalls in dem Gebäude beherbergte Potse aus. Das Jugendzentrum hat trotz wiederholter Versprechen immer noch keinen Vertrag und daher auch keinen Anspruch auf Ersatzräume. Klar ist nur: Wenn das Drugstore geht, muß auch die Potse raus.
So sorgten am vergangenen Dienstag etwa 40 der Jugendlichen im Rathaus Schöneberg für lebhafte Diskussionen in der öffentlichen Sitzung des Jugendhilfeausschusses. Beschlossen wurde schließlich, die Entscheidung über einen Umzug um vier Wochen zu verschieben. „Bis dahin soll nach weiteren Ersatzräumen gesucht und geprüft werden, ob die Kosten für einen Umzug ins Erdgeschoß in Relation zu den Einsparungen stehen und ob die nötigen Umbauten überhaupt möglich sind“, sagte die Vorsitzende des Ausschusses, Angelika Schöttler (SPD).
Bis dahin wollen die Jugendlichen aus Drugstore und Potse weiter um den Erhalt der beiden Jugendzentren in den Räumen in der Potsdamer Straße kämpfen. In ihrer Erklärung heißt es: „Wir haben keinen Bock, daß die Fehler, die von der Regierung gemacht werden, immer zu unseren Lasten gehen. Das Geld ist da, es wird nur falsch verteilt.“ Tobias Singelnstein
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