■ Soundcheck: Terry Callier
Heute abend: Terry Callier. Was sind die schönsten Songs aller Zeiten? Into The Mystic von Van Morrison, genau. Joni Mitchells Both Sides, Now, selbstverständlich. Und, klar, Dancing Girl von Terry Callier. Wie ein Tänzeln durch die schwärzeste aller Nächte klingt diese 1974 entstandene Komposition, die ebenso sanft wie selbstverständlich Jazz, Folk und Soul verknüpft. Aber in Erinnerung behalten hat man Terry Callier dafür nicht. Richtig berühmt war der Mann aus Chicago sowieso nicht, vielleicht weil er zwischen allen Stühlen saß. Er besang weltabgewandt die Vereinsamung des Individuums wie die weißen Träumer Nick Drake oder Tim Buckley, gleichzeitig aber hatte er noch genug Puste für Protestsongs im Stil schwarzer Aktivisten. Gil Scott-Heron oder Curtis Mayfield waren ihm Brüder im Geiste.
Nein, die Puste ist ihm nie ausgegangen. Um seine Tochter großzuziehen, so heißt es, arbeitete Terry Callier die letzten beiden Dekaden als Computerprogrammierer. 17 Jahre nach seiner letzten regulären Veröffentlichung erscheint jetzt bei Verve das Album TimePeace. Terry Callier in Hochform. Die Arrangements entsprechen dem aktuellen Standard – aber die Stimme! Die Stimme! Die Stimme! Boogie, Bob und Boogaloo in einem. Das Schöne: Heute abend spielt Terry Callier nur in Begleitung eines Percussionisten. Daß er das ausgerechnet in einer Yuppie-Disco wie der Lucky Strike Originals Bar tun muß, ist eine der traurigen Wendungen in seiner an traurigen Wendungen nicht eben armen Geschichte.
Christian Buß
21 Uhr, Lucky Strike Bar, Reeperbahn/Ecke Große Freiheit
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