piwik no script img

Ein linker Komponist

■ Von heute bis Sonntag: Ein Festival zum 100. Geburtstag von Hanns Eisler

„Ich habe keine Lust, eine Kunst auszuüben, wo man sein Gehirn an der Garderobe abgeben muß“– eine von vielen brillanten Ansichten Hanns Eislers, die man nie vergißt. 1998 wäre er wie sein Freund Brecht hundert Jahre alt geworden.

Spannend ist es, nach dem Zusammenbruch des Stalinismus das Werk des Kommunisten und Komponisten Eisler hinsichtlich des Stellenwerts zu befragen, den es heute noch – oder wieder – haben kann. Der Schönbergschüler hatte sich nach früher Auseinandersetzung mit der Zwölftontechnik für eine einfache Musik im Dienst des Sozialismus entschieden, gab dem „Gebrauchswert“der Musik den Vorrang vor dem Materialdenken. Am Ende seines Lebens jedoch meinte er, angemessen sei nun das Schweigen: Eine ästhetische Position, die erst in den achtziger Jahren aktuell wurde.

Die Vielfältigkeit und Widersprüchlichkeit seiner Position – höchste ästhetische Ansprüche einerseits und politisch motivierter Zwang zur Gemeinverständlichkeit andererseits – behandelt am nächsten Wochenende die Deutsche Kammerphilharmonie mit Vorträgen, Filmen, Konzerten und Workshops. Den Auftakt macht „Eine Nacht für Hanns Eisler“in der Galerie Katrin Rabus (Fr, 19.30 h). Geboten werden Kammermusik, Lieder (mit der großen Eisler-Interpretin Gisela May) und Vorträge der Eisler-Experten Albrecht Dümling und Günter Mayer.

In der Hochschule für Künste nähert sich der ehemalige DDR-Wissenschaftler Günter Mayer dem Komponisten unter dem Titel „Hanns Eisler – der außerordentliche Musiker einer neuen Avantgarde“. Er fragt sich, wie denn einer komponiert, der 1930 sagte: „Eine Veränderung der Produktionsmethoden, eine Veränderung der Klassenstruktur bewirkt auch eine Veränderung der Organisationsmethoden der Töne“(Sa, 18.30 h). Zu hören sind die Kompositionen dann abends in der Glocke während des Orchesterkonzerts mit Gisela May (20 h). Mit einem Konzert im Sendesaal von Radio Bremen endet diese Reihe (So, 11 h).

Filmmusik hatte für Eisler bekanntlich große Bedeutung. Das Kino 46 zeigt drei berühmte Filme mit seiner Musik, darunter Alain Resnais „Nuit et Brouillard“von 1955. (Infos:

usl

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen