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Junger Whisky auf alt getrimmt

Hauptakteure hinter den EU-Kulissen, die seit Jahren für die Bestrahlung Lobbyismus betreiben, sind Lebensmittelindustrie und Exportwirtschaft. Denn lange Transportwege können durch die intensive Strahlenkonservierung problemlos überbrückt werden und bieten einen Marktvorteil gegenüber lokalen Frischanbietern. Die nämlich müssen einkalkulieren, daß sie einen Teil ihrer verderblichen Ware im Tagesgeschäft nicht absetzen können. Ebenso betreiben Frischanbieter ein engterminiertes, also kostenträchiges Liefernetz, daß für bestrahlte Lebensmittel micht mehr benötigt würde. „Die aus diesen (europaweit, d.Red.) unterschiedlichen Gesetzgebungen resultierenden Handelshemmnisse waren denn auch der Grund für den Versuch der Kommission, die Verwendung dieser Konservierungsmethode gemeinschaftsweit zu regeln“, erklärt die Berichterstatterin im Europäischen Parlament, Undine von Blottnitz. Die deutsche Lebensmittelindustrie fühle sich im internationalen Wettbewerb benachteiligt, meint hingegen die Sprecherin des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz, Irene Lukassowitz. Wegen des deutschen Bestrahlungsverbots könne die Industrie nicht, wie andere europäische Anbieter, länger haltbare Produkte anbieten.

Doch diese „Wettbewerbsvorteile“ treiben seltsame Blüten: Etwa öffnet sich bei strahlenbehandelten Champions nicht mehr der Hut, so daß man nicht mehr erkennt, wie frisch er ist – wichtig für die Absatzsicherung über große Entfernungen. Auch können Whisky und Cognac künstlich gealtert werden, so daß der Lagerzeitraum verkürzt und die Gewinnspanne vergrößert werden kann. Und Südfrüchte reifen nach entsprechender Bestrahlung langsamer und bekommen kräftigere Farben.

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