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Frage der Woche

Warum wünscht man niesenden Menschen „Gesundheit!“, hustenden dagegen nicht? (14.2.98)

Bis zum 16. Jahrhundert, also noch vor dem „Prozeß der Zivilisation“ (Norbert Elias), gab es ein weit gefächertes Repertoire von sprachlichen Reaktionen auf alle menschlichen subsprachlichen Körperäußerungen, die ohne Unterschied eine hohen kulturellen Stellenwert hatten. Zu erinnern ist an Luthers Ausspruch: „Ihr rülpset nicht, Ihr furzet nicht, hat es Euch etwa nicht geschmacket?“ Im Kreis der deutschen Humanisten wurde zumeist folgendermaßen reagiert: „Gesundheit!“ (frz. „santé!“) oder „Rotzfrey!“ nach Niesen, „Gut gebellt!“ nach Husten, „Je mehr, je besser!“ nach Spucken, „Wohl bekomm's!“ oder „Welch edler Sang!“ nach Rülpsen, „Ohrendank und Nasenpreis!“ nach Furzen.

Der o.g. Zivilisationsprozeß, der mit der Konzentration auf die Fürstenhöfe eine Standardisierung „feiner“ Umgangsformen durchsetzte, hat dann fast alle diese Reaktionen bis auf die harmloseste und kraftloseste ausgegrenzt und so bis heute eine der wichtigsten Formen menschlicher Kommunikation beschnitten. Die vier letzten Körperäußerungsformen bleiben so ohne Antwort, und es steht zu befürchten, daß auch der Wunsch „Gesundheit!“ unter dem Druck ökologischer Fundamentalisten allmählich verschwindet. Die sprachlose Gesellschaft...Peter Schleuning, Berlin,

Quatsch: Bremen

Einer niesenden Person „Gesundheit!“ zu wünschen ist längst kein Zeichen guter Umgangsformen mehr. Der Grund für das Ausradieren dieser Sitte im „Einmal-eins des guten Tons“ besteht nicht so sehr darin, daß das Niesen nur selten ein Begleitumstand mangelnder Gesundheit ist, sondern auch durch Staubpartikel, Sonnenlicht o.ä. ausgelöst wurde. Vielmehr geht es darum, den Nieser nicht in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stellen, da dessen Aktion zuerst im unkontrollierten Hinauskatapultieren diverser Mengen Schleimsekret besteht, gefolgt vom beschämten Beseitigen der feuchten Spuren an Oberlippe, Kinn, Fingern etc. Somit liegt doch wohl in/auf der Hand, daß man mit einer niesenden Person diskret umgeht und so dem Sprichwort „Wer niest – vermiest“ auch bei Tisch kein Stück Wahrheit mehr zukommen läßt.

Ich denke, daß sich die Frage, weshalb man hustenden Personen keinerlei Aufmerksamkeit in dieser Form schenken sollte, angesichts des Volumens der Bronchialauswürfe klärt...Inken Tremel, Flensburg

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Warum ist das Kreiswehrersatzamt nur ein Ersatzamt? (14.2.98)

Kleine Ursache, große Wirkung! Es handelt sich nämlich lediglich um einen landauf, landab verbreiteten und niemals korrigierten Fehler in der Aussprache. Es heißt nicht Kreis-wehr-ersatz-amt, sonder Kreis-wehrer-satz-amt, wodurch die Bedeutung vollständig verändert, ja ins Gegenteil verkehrt wird. Die Ursprungsbedeutung weist keinerlei Anzeichen von „Ersatz“ auf sondern es geht – was auch viel sinnvoller – um die Verteidiger („Wehrer“) eines (Land-)Kreises. Es war mein Onkel, der mich am Beispiel der Hannoveraner Karmarschstraße auf die gewaltigen Auswirkungen solch feindifferenzierte Änderungen der Aussprache hinwies; vgl. neuerdings Reiterei und Reiter-Ei, vereinsamt im Vereinsamt usw.Peter Schleuning, Berlin,

Quatsch: Bremen

Ein Blick in den neuen Brockhaus von 1936 (einen anderen habe ich gerade nicht in Griffweite) klärt auf: Ersatz (in der Soldatensprache): „Laufende Ergänzung des Mannschaftsbestandes der Wehrmacht“. Das Kreiswehrersatzamt ist also kein Kreiswehr-Ersatzamt sondern ein Kreis-Wehrersatz- Amt.Prof. Dr. Hans-Ulrich

Niemitz, HTWK Leipzig

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Warum sind auf Telefonen oder Fernbedienungen die Ziffern 1 bis 9 von links oben nach rechts unten angeordnet, auf Taschenrechnern oder Computern aber von links unten nach rechts oben? (14.2.98)

Zunächst einmal ist ein wesentlicher Unterschied zwischen Benutzern von Telefonen und denen von Taschenrechnern erkennbar: Nur technisch-mathematisch fixierte Menschen werden nach der Schullaufbahn regelmäßig mit Taschenrechnern konfrontiert und sind gleichzeitig starker Computerbenutzung ausgesetzt. Außerdem weisen Taschenrechnerbenutzer aufgrund z.T. selbstgewählter Isolation, einseitig ausgebildeter Anteilnahme an der Außenwelt und beschränkter Kommunikationsfähigkeit, erhebliche soziale Defizite im Kontaktverhalten mit den übrigen Gesellschaftsmitgliedern auf. Desweiteren muß sich die Kombination der inversen Anordnung der Zahlentasten über symbolisch interaktiv vermittelte soziale Prozesse bewährt haben. Die defizitären Gesellschaftsmitglieder erhalten durch ständiges Verwählen so die unbewußte Möglichkeit, ihre fehlenden Sozialkontakte trotz der bestehenden Restriktionen aufzubauen. Dazu benötigen sie die neu gefundenen unfreiwilligen Telefonpartner, die in höherem Maße nicht Computerbesitzer sind, da nur 21 Prozent aller Haushalte mit PCs ausgerüstet sind. Dieses Phänomen wird beim Wählen im schummrigen, bildschirmglimmengeschwängerten Lichte besonders verstärkt und stellt einen der seltenen positiven gesellschaftlichen Ausgleichsmechanismen dar.Stefan Bannach, Hamburg

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Was wiegt Hamburg? (7.2.98)

Hamburg wiegt 8.773.407,7 Gt (Gigatonnen=Milliarden Tonnen). Davon entfällt der überwiegende Teil auf das Erdreich, welches sich unterhalb der Erdoberfläche, entlang der Lotlinien der Stadtgrenze bis zum Erdmittelpunkt hin befindet, nämlich 8.773.359,5 Gt. Erstaunlich schwer ist auch die sich oberhalb Hamburgs ausdehnende Luftsäule, die immerhin 11,6 Gt auf die Waage bringt. Bescheiden nehmen sich dagegen die Gewichte der Wasserflächen mit 0,5 Gt und der Gebäude mit 0,1 Gt aus. Praktisch vernachlässigbar sind die Werte für Autos (0,001 Gt), Pflanzen (0,0007 Gt), Tiere (0,0001 Gt) und Menschen (0,0001 Gt).Hans J. Pfeiffer, Bremen

Eine Annäherung bietet ein Vergleich der drei größten deutschen Städte. Im bierbäuchigen Münschen fallen besonders die männlichen Bewohner ins Gewicht. Doch wird Berlin durch den Einzug der Regierungsbäuche, die bisher nur den Staat verschlanken wollen, München bald überholen. Hamburg hat alles versucht: Bei gleicher Ausdehnung wie Berlin, ist seine Einwohnerzahl doch deutlich niedriger.

Dieser komfortable Abstand sollte gewährleisten, daß Hamburg nicht die schwerste Stadt der Republik sein müsse. Man überflutete große Teile der Stadt und und stellte sie sogar mit Wäldern zu, um die Ansiedlung menschlicher Kalorienbomben (Pfeffersäcke!) zu verhindern. Der Speckgürtel umwickelt die Stadt daher jenseits ihrer Grenzen in Form von Landkreisen. Viele HamburgeInnen beteiligten sich an der Diät der Stadt, um nur nicht die schwerste der Republik sein zu müssen: Nirgendwo sind die Menschen so schlank wie in Hamburg – die Stadt ist ein Laufsteg.

Genützt hat es nichts. Und schuld ist die Elbe. Sie mäanderte Hamburg zum fünftgrößten Hafen der Welt. Tag für Tag verschlingt die Stadt so viele dicke Pötte, daß sie nun doch die molligste im Lande ist.Achim Borowski, Heidelberg

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