Die Mamma wird zerhackt, die Stücke aufgeteilt

■ Italiens linke Regierung versucht beim Staatsfernsehen RAI wieder massiv einzugreifen. Auch Teilprivatisierungen sind nun geplant – Medienzar Rupert Murdoch war schon mal da

Die Ernennung des neuen Verwaltungsrates und des neuen Generalintendanten geschah in aller Eile. Eilig bemühten sich auch alle Beteiligten zu versichern, das alles habe „nur Übergangscharakter“.

Nachdem der Versuch einer „literarischen Spitze“ des italienischen Staatsrundfunks RAI mit dem Rücktritt des Schriftstellers Enzo Siciliano im Januar wieder in der alten Intrigenwirtschaft der Öffentlich-Rechtlichen untergegangen war (taz vom 23.1.), sollte nun ein hochkarätiges Technokraten-Team wieder Ordnung in den Laden bringen. Nun sitzen fünf Juristen zusammen und brüten neue Formen für die alte „Mamma RAI“ aus – allesamt verfügen sie über große administrative Medienerfahrung (u.a. ist der frühere Chefredakteur des Messaggero, Vittorio Emiliani, dabei). Vorsitzender und damit Generalintendant ist Roberto Zaccaria, früher RAI-Verwaltungsberater.

Doch die Sanierermannschaft entpuppt sich mittlerweile als Erfüllungsgehilfen-Truppe für die Pläne von Linksdemokratenchef Massimo D'Alema. Dem war mit der Aushebelung der alten RAI- Führung ein großer Coup gegen den parteiinternen Rivalen, Kulturminister Walter Veltroni, geglückt: Jener hatte versucht, den Sender zu liberalisieren und durch Qualitätsprogramm wieder nach oben zu bringen.

Doch die Journalisten müssen das wohl mißverstanden haben – sie dachten, nun könnten sie auch die Regierung und deren Trägerparteien schärfer unter die Lupe nehmen. Und das paßte dem Linksdemokratenchef gar nicht.

Nach D'Alemas Plänen soll nun die RAI so bald wie möglich zerhackt werden, in übersichtliche, von den Parteizentralen aus gut kontrollierbare Einzelfirmen. Der Rundfunk soll vom Fernsehen getrennt werden, die verschiedenen Kanäle eigene Trägergesellschaften bekommen.

Einer der drei Kanäle soll sogar privatisiert werden – Rupert Murdoch war dieserthalben am Wochenende schon mal in Rom. Den anderen beiden Kanälen soll ein Teil ihrer Werbeeinnahmen weggenommen werden – so daß sie künftig noch stärker von den Gebühren abhängen, die wiederum die Regierung bewilligen muß.

D'Alema erhofft sich von der Aktion jene Bändigung der Medien, die ihm seit jeher vorschwebt: Die Journaille nämlich ist ihm von Herzen zuwider: „Für die italienische Presse brauchte man eine Säuberung nach Art des Pol Pot“, läßt der Ex-Chef des Parteiblatts Unità schon einmal verlauten.

Natürlich sollen die zensorischen Pläne nicht mit großem Getöse vorangehen. So hat der neue Aufsichtsrat denn Nebelwerfer in Stellung gebracht: Einige der bliebtesten Moderatoren, die zum Privat-TV abgewandert waren, sollen zur RAI zurückgeholt werden, wofür das Publikum dann dankbar sein soll. So verhandelt die RAI derzeit mit Michele Santoro, der mit polternden Talkshows Millionen vor den Schirm lockt. Er war 1996 zum Berlusconi-TV übergewechselt, als er bei der Ernennung neuer TV-Direktoren übergangen worden war. Santoro soll nun gleich den ganzen 3. Kanal als Chefredakteur übernehmen. Ein seltsames Angebot: Denn gerade der traditionell aufmüpfige 3. Kanal nämlich soll, nach dem Wunsch D'Alemas, so schnell wie möglich privatisiert werden. Werner Raith