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Frage der Woche

Warum sind auf Telefonen oder Fernbedienungen die Ziffern 1 bis 9 von links oben nach rechts unten angeordnet, auf Taschenrechner oder Computern aber von links unten nach rechts oben? (14.2.98)

Der springende Punkt ist die Ziffer Null, die bei Telefonen eine andere Bedeutung hat als bei Taschenrechnern oder Computern. In der guten alten Zeit, in der Telefone noch Wählscheiben hatten und nicht mit 10-Nummer-Speicher, Klingelmelodie-Einstellung und weiteren Funktionen ausgestattet waren, war die Quälscheibe mit den Nummern 1-9 und 0 versehen, wobei die 0 als letzte Ziffer kam. Warum nicht als erste? Dazu eine Analyse des Wählvorgangs: Man steckte einen passenden Gegenstand, meist den Zeigefinger, in das mit der gewünschten Ziffer beschriftete Loch. Dann wurde die Wählscheibe so weit aufgezogen, bis der im Loch steckende Gegenstand, also meist der Zeigerfinger, an der Bremsvorrichtung anstieß. Dann wurde der Gegenstand aus dem Loch herausgezogen, und die Wählscheibe bewegte sich in ihre Ausgangslage zurück. Dabei gab sie Impulse an das Telefonnetz weiter, und zwar um so mehr, je weiter sie aufgezogen wurde. Steckte man den Finger in das mit 1 bezeichnete Loch, konnte man die Wählscheibe nur ein wenig aufziehen, sie gab genau einen Impuls ab, und die Vermittlungsstelle wußte, da hat jemand eine 1 gewählt. Bei der 9 wurde die Scheibe weiter aufgezogen, so daß sie 9 Impulse weitergab.

Was passiert bei der 0? Keinen Impuls zu übertragen, um eine 0 zu signalisieren, scheidet aus. Also überträgt man 10 Impulse, und daher lag bei der Wählscheibe die 0 hinter der 9. Beim Design der Telefontastaturen wurde diese Reihenfolge übernommen.

Beim Taschenrechner hingegen heißt 0 auch wirklich Null und sonst nichts. Daher steht hier die 0 in der Nähe der 1. Wenn man die 0 bei Telefon und Taschenrechner unten in der Mitte der Klaviatur anbringt, gibt es gar nicht so viele Möglichkeiten, die restlichen neun Tasten anzuordnen. Wenn 0 und 1 benachbart sein sollen, bekommt man die Taschenrechner-Anordnung, wenn 0 und 9 benachbart sein sollen, die Telefon-Anordnung. Michael Braunberger

Taschenrechner und Computer wurden von Mathematikern entwickelt und benutzt. Sie wissen, daß Ziffern mit niedrigem Wert nach unten und solche mit hohem Wert nach oben gehören. Tastentelefone wurden von Bürokraten entwickelt. Ihre Fähigkeit besteht im Lesen und Schreiben, und sie tun dies von links oben nach rechts unten. Wolfgang Lewald, Kiel

Damit ich nicht mit dem Taschenrechner telefoniere und mit dem Handy den Fernseher bediene. Thomas Thews, Hamburg

*N*

Warum wünscht man niesenden Menschen „Gesundheit!“, hustenden dagegen nicht? (14.2. 98)

Das liegt daran, daß im Mittelalter das Niesen als erstes Symptom von Pest zu großer Sorge und zu entsprechenden Glückwünschen Anlaß gab; Husten war nicht so schlimm und nicht so häufig, weil die Stadtautobahn noch Hasenrennstrecke war und der Tabak noch nicht erfunden; und was lernt uns das? Daß heute alles umgekehrt ist und die standardisierten Sprachhandlungen notorisch um Jahrhunderte hinterherhinken, oder wer hält heute noch Steigbügel oder kriegt die Pest oder gießt Wasser auf Mühlen? Hartmut Riedel, Berlin

Meines Wissens rührt dieser Brauch, einem Niesenden „Gesundheit!“ zu wünschen, aus den Zeiten der Pest. Das Niesen war ein Symptom der Pest, das Husten nicht. Traf man bei einem (anstehenden) Pestausbruch auf jemanden, der nieste, wünschte man ihm mit diesem Ausspruch – und wahrscheinlich sich selbst auch – , daß er nicht innerhalb von Stunden starb, sondern daß es nur ein Schnupfen und nicht die gefürchtete Pest war. In Großbritannien sagt man „Bless you!“ analog zum deutschen „Gesundheit!“.

Das „Bless you“ ist eine Verkürzung von „God bless you“ (man beachte den seltenen Fall des englischen Konjunktivs). Dieser Segenswunsch läßt die eigentliche, beschwörende Bedeutung hinter diesem zu einer Konvention gewordenen Wunsch erkennen.

Allerdings sagt man dies nicht zu jedem, sondern nur zu Niesenden, denen man nahesteht. In Deutschland wird der Ausspruch bekanntlich undifferenziert benutzt.

Matthias Schneider, Berlin

Leider fehlt bei der vielen schönen Spekulation in den zwei Antworten ein wesentlicher historischer Aspekt: Zu Zeiten, als die Pest umging, zitterte jeder plötzlich, von der Pest befallen zu sein. Erstes Anzeichen war oft das Niesen. „Gesundheit“ hieß daher: „Oh Niesender, mögest Du von der Pest verschont bleiben und Dein Niessen andre Ursach als den Pestbefall haben!“ Nachzulesen in „Die Seuchen in der Geschichte der Menschheit“ – dtv. Thaddäus Rothe, Wien

*N*

Warum liegen so viele Kneipen an Straßenecken? (21.2. 98)

Zwei sich kreuzende Straßen haben vier Ecken. An einer dieser vier Ecken gelegen, kann eine Kneipe von acht Straßenseiten aus wahrgenommen werden, hat also eine größere Chance auf potentielle Besucher als eine Kneipe irgendwo in der Straßenflucht. Beim Verlassen beider Kneipentypen ist die Standortgunst der Eckkneipe nur von untergeordneter Bedeutung.Gerd Neurath, Saarbrücken

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