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Erst fliegen, dann reden

■ Ausländerbehörde plant Abschiebung nach Algerien, obwohl noch geprüft wird

Während auf politischer Ebene noch verhandelt und gefeilscht wird, will die Hamburger Ausländerbehörde schon einmal Fakten schaffen: Sie bereitete für morgen die Abschiebung eines Algeriers vor. Das Flugticket hat sie jedoch umsonst gekauft.

Das Grundsatzreferat der Innenbehörde muß noch „intensiv“prüfen, ob der Algerier bei der Rücckehr ins Bürgerkriegsland konkret bedroht ist. Denn Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) hatte im Februar die Rufe nach einem generellen Abschiebestopp für Algerier mit dem Versprechen abgewehrt, alle Einzelfälle zu überdenken. Heute befaßt sich auch der Innenausschuß der Bürgerschaft mit dem Fall.

„Solange wir vom geplanten Flug wieder Abstand nehmen, ist doch alles in Ordnung“, wundert sich Ausländerbehördensprecher Norbert Smekal über die Aufregung. Daß sein Amt einer Entscheidung auf ministerieller Ebene vorgreife, findet er nicht: „Aus organisatorischen Gründen müssen wir frühzeitig planen. Es gibt nicht so viele Flüge nach Algerien“.

Über die zwangsweise Rückkehr in das nordafrikanische Land wurde Anfang des Jahres zwischen den Bundesländern gestritten. Als radikale islamistische Gruppen ihre Massaker an der Zivilbevölkerung verstärkten und die algerischen „Sicherheitskräfte“mit blutigen Großoffensiven reagierten, forderte Schleswig-Holstein einen bundesweiten Abschiebestopp. Die Innenministerkonferenz von Bund und Ländern lehnte diesen jedoch im Februar ab. Nun blieb den einzelnen Ländern die Möglichkeit, zumindest für sechs Monate Abschiebungen auszusetzen.

Das rot-grüne Hamburg macht davon jedoch keinen Gebrauch. Wrocklage sicherte lediglich die „intensive Einzelfallprüfung“zu. Die jedoch scheint nach dem Vorpreschen der Ausländerbehörde nicht mehr als ein Feigenblatt zu sein. GAL-Fraktionschefin Antje Möller ist aber zuversichtlich: „Wir setzen darauf, daß der Algerier nicht abgeschoben wird“. ee

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