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Schulsenatorin Lektion erteilen

LehrerInnen auf den Rahen: Mit 1000 Stellen weniger und einer zusätzlichen Unterrichtsstunde will die Schulbehörde sparen  ■ Von Silke Mertins

Große Probleme verlangen großen Einsatz. Und deshalb begaben sich die sonst eher konventionell protestierenden AktivistInnen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) gestern nachmittag höchst konspirativ auf das Museumsschiff „Rickmer Rickmers“, erklommen die Rahen und entrollten ein Transparent: „Willkommen in der Bildungsfreien und Hansestadt Hamburg.“

Die Breitseite soll Hamburgs rot-grüne Regierung im allgemeinen und Schulsenatorin Rosemarie Raab (SPD) im besonderen treffen. Denn die stellte zur selben Stunde im Rathaus ihren Sparvorschlag – „ein Diskussionspapier“– vor. Danach sollen an den Schulen rund 1000 LehrerInnenstellen abgeknapst werden. Das heißt: Obwohl die SchülerInnenzahlen bis 2001 laut Prognose um 13.400 anwachsen, wird es keine zusätzlichen Stellen geben.

Raab schlägt vor, die Wochen-Unterrichtsstunden der LehrerInnen an Gymnasien und Berufsschulen vom 24 auf 25 zu erhöhen. Zudem sollen die sogenannten „Lehrermehrstunden“um die Hälfte gekürzt werden. Diese sind für die konkrete Unterrichtsgestaltung vorgesehen, zum Beispiel, um eine Klasse für Musik- oder Förderunterricht zu teilen. Dadurch werden „die Spielräume geringer“, bedauert Raab. Wegen der „sozialen Ausgewogenheit“werde in den Bereichen Migrantenkinder, Behinderte und Förderunterricht aber nicht gekürzt.

Qualitätseinbußen befürchtet die Senatorin nicht. Klassengröße, Stundenzahl und dergleichen hätten „keinen Einfluß auf den Lernerfolg“. Dennoch bezeichnete Raab die neuerliche Sparauflage – eine zusätzliche Unterrichtsstunde wurde den LehrerInnen bereits 1995 aufgebrummt – als „Zumutung“. Eigentlich sei eine „Aufbruchstimmung“nötig. Angesichts dieser Kürzungen „befürchte ich, daß die Stimmungslage in den Kollegien nicht geeignet ist für den Aufbruch, den wir eigentlich bräuchten.“Andererseits könne sie „der kommenden Generation keine noch höhere Verschuldung zumuten“und wolle „das auch persönlich nicht verantworten“.

Die GEW-Vorsitzende Anna Ammonn hält eine Neuverschuldung jedoch für angemessen (siehe Interview) und kündigte Proteste an, zu denen sich erstmals GEW, Lehrerverband, Eltern- und Schülerkammer zusammengeschlossen haben. Zwar sei es richtig, daß Raab die Sparpläne zur Diskussion stelle, lobte der grüne Regierungspartner. Doch es werde an den falschen Stellen gespart. Die GAL will einen „differenzierten Maßnahmenkatalog“vorstellen. Die CDU rügte, daß weiterhin Gesamtschulen bevorzugt würden und verspricht „Gegenvorschläge“.

Raab machte deutlich, daß es „keine Alternative“zum Sparen gebe. Sie will, wenn realistische Veränderungsvorschläge ausbleiben, „dieses Konzept umsetzen“.

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