American Pie: Olympische Nachwehen
■ Hasek hält alles, Wilson schmollt, und die Frauen bekommen ihre Eishockeyliga
The Byrds flew off with a fallout shelter
Als äußerst richtungweisend scheinen sich die Olympischen Winterspiele für das nordamerikanische Eishockey zu erweisen. Die Erfolgs- und Mißerfolgssträhnen von Nagano setzen sich jedenfalls nahtlos fort. Sergej Fedorow, der ein glanzvolles Turnier spielte und mit Rußland Silber gewann, bekam endlich seinen 38-Millionen- Dollar-Vertrag bei den Detroit Red Wings. Tschechiens Gold- Keeper Dominik Hasek läßt auch bei den Buffalo Sabres keinen Puck mehr ins Netz und quält bevorzugt seine olympischen Opfer. Am Montag zog Wayne Gretzky im Trikot der New York Rangers mit 0:1 den kürzeren, tags zuvor waren die Washington Capitals dem Wundertorwart zum Opfer gefallen (0:3).
Coach der Capitals ist Ron Wilson, dessen US-Team in Nagano schon im Viertelfinale an den Tschechen scheiterte und der seither auch daheim nicht viel zu lachen hat. Außer der Pleite gegen die Sabres kassierte sein Team zwei Schlappen gegen Tampa Bay Lightning, die schlechteste Mannschaft der NHL. Von Olympia, wo seine frustrierten Cracks auch noch der Zimmereinrichtung im Olympischen Dorf zu Leibe rückten und den unglückseligen Keeper Mike Richter mit einem Feuerlöscher besprühten, mag Wilson überhaupt nichts mehr hören. „Es ist, als sei man gar nicht weggewesen“, sagt er. Schön wär's.
Als positivste Erfahrung der Spiele nannte Ron Wilson die Goldmedaille der US-Eishockeyfrauen, die inzwischen nicht nur von der Wheaties-Box lächeln dürfen, sondern sogar ihre Profiliga bekommen. Vier Teams aus dem Nordosten werden vom 1. November bis Ende Februar eine Saison mit 24 Spielen und anschließenden Playoffs absolvieren. Beworben haben sich Hooksett/New Hampshire, Marlborough und Billerica in Massachussetts, Bridgeport/ Connecticut und Pierrefonds/ Quebec.
„Ich hatte eine Menge Anrufe. Leute, die daran interessiert waren, Teams zu kaufen, zu spielen, zu trainieren“, freut sich Ed Sanders, Gründer der Women's Professional Hockey League (WPHL), über die post- olympische Euphorie. Sieben Olympiasiegerinnen sind bereit, in der Liga zu spielen, dazu kommt mit ziemlicher Sicherheit Cammi Granato. „Ich würde liebend gern Hockey spielen und davon meinen Lebensunterhalt bestreiten können“, sagt der Star des US- Teams. Die Spielerinnen der neuen Liga, die keine Verbindungen zur NHL und bisher keine Fernsehverträge hat, sollen 500 bis 1.000 Dollar pro Woche verdienen, eine Aussicht, die auch diverse Akteurinnen von Silbermedaillengewinner Kanada anlocken dürfte. Außerdem will Sanders Frauen aus Finnland und Rußland für seine Liga interessieren.
Mit den beiden erfolgreichen Ligen ABL und WNBA im Frauenbasketball mag er die WPHL aber nicht vergleichen. Zwar gab es im letzten Jahr in den USA 23.000 Eishockeyspielerinnen – gegenüber knapp 5.000 während der Saison 1990/91 –, aber dies fast nur im Nordosten und in Milwaukee. „Der Sport ist nicht groß genug, um, wie die WNBA, in großen Arenen zu spielen“, sagt Sanders, der eine Zuschauerzahl von 1.500 bis 2.000 im Schnitt anstrebt. Ähnlich sieht es die NHL, die eine eigene WNHL frühestens in vier, fünf Jahren anstrebt. „Wir werden uns die Sache nach den Spielen 2002 noch mal ansehen“, sagt Sprecherin Bernadette Mansur vorsichtig. Matti Lieske
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