: DIW gibt dem Bundesamt doch recht
■ Zweifel am offiziellen Staatsdefizit für den Euro-Beitritt ausgeräumt
Berlin (rtr/taz) – Die statistische Aufregung um die Prozentzahl des deutschen Staatsdefizits von 1997 scheint sich zu legen. Bei der offiziellen Berechnung des Euro-Kriteriums für das Staatsdefizit ist nach Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) nicht manipuliert worden. Die Zweifel an den Zahlen des Statistischen Bundesamtes seien ausgeräumt, sagte gestern der Chef der DIW-Konjunkturforschung, Heiner Flassbeck.
Am Freitag hatte das Statistische Bundesamt eine überraschend geringe Defizitquote des Bundeshaushalts 1997 bekanntgegeben: nur 2,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die meisten Beobachter hatten mit der berühmten 3,0 gerechnet. Dies wäre das Maximum für einen reibungslosen Beitritt zum Euro gewesen. Das DIW hatte – je nach Rechenkriterium – noch im Januar 3,1 bis 3,3 vorausgesagt und am Wochenende die Zahlen des Bundesamtes als „nicht nachvollziehbar“ angezweifelt.
Dafür hatte das als eher SPD- nah bekannte Institut Prügel aus den Reihen der Bundesregierung und des Statistischen Bundesamtes bezogen. Nun mußte das ansonsten renommierte DIW seinen Kritikern recht geben. Am Montag abend erklärte das DIW, das Institut habe für 1997 ursprünglich eine deutsche Defizitquote von über drei Prozent errechnet, weil einige nur dem Statistischen Bundesamt vorliegende Zahlen geschätzt worden seien. Unterschiede bei den Berechnungen von DIW und Bundesamt seien vor allem entstanden, weil die Staatsausgaben im vierten Quartal 1997 drastisch gesunken seien. Diese Zahlen habe das DIW zu hoch geschätzt.
Gleichwohl bleibe das grundlegende Problem ungelöst, das Defizit des Staatshaushaltes nachhaltig zu senken, meinte Konjunkturforscher Heiner Flassbeck. „Offenbar wurden in verschiedensten Bereichen besondere Anstrengungen unternommen, das Defizit unter die Drei-Prozent-Marke zu drücken.“ Vor allem stark gekürzte öffentliche Investitionen gefährdeten auf Dauer hohe Realeinkommen und Preisstabilität. Der Staat habe in den letzten drei Monaten 1997 wesentlich weniger investiert als vorhersehbar. Auch seien überraschend viele Grundstücke aus dem Bundesvermögen verkauft worden.
Im Kern wolle das DIW also nicht die Ergebnisse des Statistischen Bundesamtes in Frage stellen, sondern vor einer Schieflage in der Debatte um die Währungsunion warnen, meinte nun das Institut. Nicht die Angleichung nachrangiger Kriterien wie 3,0 sei für einen Erfolg der EWU entscheidend, sondern vor allem nachhaltige Erfolge bei der Geld- und der Lohnpolitik. rem
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