Press-Schlag: Die zwei Zauberer
■ In Südafrika gibt es Streit darüber, wer das Fußballteam bei der WM betreuen soll
Johannesburg (taz) – Der Empfang für „Bafana Bafana“ war triumphal. Seitdem die südafrikanische Fußballnationalmannschaft am vergangenen Wochenende vom African Nations Cup aus Burkina Faso zurückgekehrt ist, werden vor allem zwei Helden gefeiert: der neue Shooting-Star des Teams, Benedict McCarthy, und sein Trainer Ephraim „Jomo“ Sono. Geht es nach der Mannschaft und ihren Fans, ist alles klar. Weil letzterer es wider alle Erwartungen geschafft hat, Südafrika bis ins Endspiel des wichtigsten Turniers auf dem Kontinent zu bringen, möchte man nun auch am liebsten mit ihm nach Frankreich zur Weltmeisterschaft fahren.
Dabei hat Südafrikas Fußballverband (Safa) dafür längst einen anderen engagiert. Der Franzose Philippe Troussier sollte zu Beginn dieser Woche mit dem Training für die WM beginnen. Doch nun ist alles offen. Jomo Sono schlagen solch hohe Sympathiewellen entgegen, daß man sogar über den Verlust des Titels im Endspiel gegen Ägypten (0:2) großzügig hinwegsieht. Recht sanft fiel auch die Kritik an Sonos Aufstellung für das Finale aus. Daß die Südafrikaner kaum echte Chancen hatten, daß im Mittelfeld riesige Lücken klafften – wen kümmert's noch? Am Ende war es wieder einmal „der Fluch der Pharaonen“, der an allem schuld war.
Jetzt aber heißt es, nach vorne zu blicken. Zum ersten Mal nach jahrzehntelanger Ächtung nimmt Südafrika an einer Weltmeisterschaft teil, und die Hoffnungen am Kap auf Bafana Bafana (zu deutsch etwa: unsere Jungs) sind kaum zu dämpfen. Schon in dieser Woche, also mehr als drei Monate vorher, begann eine der größten Tageszeitungen mit einem Countdown bis zum Anpfiff. Zwei ganze Seiten jede Woche sollen nun dem großen Ereignis gewidmet werden.
Die Zeitung hat nun auch die Leserinnen und Leser aufgerufen, ihren Coach zu wählen, obwohl die Sache längst entschieden schien. Die Frage, die die Nation bewegt, heißt „Sono oder Troussier?“ – und unterschwellig: Ausländer oder Landsmann, Weißer oder Schwarzer? Obwohl der Franzose in Südafrika kein Unbekannter und zweifellos der bessere Trainer ist, schlagen die Herzen für Sono. Dem 42jährigen gehört ein eigener Verein, Jomo Cosmos. Dem wollte er sich nach dem Ende der Afrika- Meisterschaft auch wieder ganz widmen. Als Nationaltrainer war er Anfang diesen Jahres nur in die Bresche gesprungen, weil der jahrelange Coach der Mannschaft, Clive Barker, ganz überraschend das Handtuch geworfen hatte.
Neuer Betreuer sollte vom 1. März an Troussier werden, der das Kunststück vollbracht hatte, den Außenseiter und Gastgeber Burkina Faso im African Cup bis ins Halbfinale zu bringen. Doch nun zaudert die Safa unter dem öffentlichen Druck und überlegt, ob der „weiße Zauberer“, wie er in Afrika liebevoll genannt wird, tatsächlich der richtige Mann ist. Seine Leistungen als Trainer, auch schon bei den Kaizer Chiefs in Südafrika, stehen außer Frage. Sono allerdings hat bewiesen, daß er einen Riecher für Talente hat, die auf dem Spielfeld überraschend zu Hochleistungen auflaufen.
Morgen will die Safa eine endgültige Entscheidung treffen. Sono selbst hatte von Anfang an erklärt, nur für eine begrenzte Zeit zur Verfügung zu stehen und sich dann wieder seinem eigenen Verein zuwenden zu wollen. Noch auf dem Rückflug nach Johannesburg sagte er: „Ich habe meine Arbeit getan. Ich habe dem neuen Trainer ein gutes Team hinterlassen. Das ist eine gute Basis für die WM.“ Seither hüllt er sich jedoch in Schweigen und hat ein weiteres Engagement beim Nationalteam auch nicht strikt abgelehnt.
Wie Safa-Chef Danny Jordaan erklärt, gebe es bislang keinen unterzeichneten Vertrag mit Troussier, der sich derzeit im westafrikanischen Staat Elfenbeinküste aufhält. Man werde ihn und Sono noch vor der Entscheidung am Freitag treffen, sagte Jordaan weiter. Zugleich warnte er die Spieler davor, zu glauben, die Sache sei bereits entschieden: „Wir können es nicht zulassen, daß die Jungs ihren Trainer auswählen. Es muß genau andersherum sein.“ Kordula Doerfler
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