: Stagnation bei 4,8 Millionen
Trotz leichter Besserung im Westen: Die Zahl der Arbeitslosen hat sich nicht verringert. In den neuen Ländern ist die Quote doppelt so hoch wie in den alten ■ Aus Nürnberg Bernd Siegler
Bei der Arbeitslosenquote in Deutschland bleibt die Kluft zwischen Ost und West gewaltig. Während in den alten Bundesländern „die Entwicklung wesentlich günstiger als saisonüblich war“, seien die neuen Länder von einer Besserung noch weit entfernt, erklärte Bernhard Jagoda, der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit (BA) in Nürnberg. Im Westen lag die Quote bei 10,4 Prozent, im Osten bei 21,3.
Dank der extrem milden Witterung rückte die gesamtdeutsche Arbeitslosenzahl im Februar nicht noch näher an die Fünfmillionen- grenze, sondern stagnierte auf dem hohen Niveau von 4,8 Millionen (12,6 Prozent). Würden allerdings die 215.800 Empfänger von Arbeitslosengeld und -hilfe hinzugezählt, die 58 Jahre oder älter sind, wäre die Schallgrenze überschritten. Laut Gesetz taucht diese Gruppe nicht mehr in der Statistik auf.
In den alten Ländern ging die Zahl der Arbeitslosen Ende Februar gegenüber dem Vormonat um 21.300 zurück, während sie in den neuen noch einmal um 17.600 zunahm. Dort gibt es jetzt knapp 1,61 Millionen Arbeitslose. Für die Statistiker der Bundesanstalt für Arbeit hat sich damit die Verschlechterung in den neuen Ländern „immerhin abgeschwächt“.
BA-Präsident Jagoda, der sich selbst als „vorsichtiger Mann“ charakterisiert, hütet sich aber davor, von einer Wende auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland zu sprechen. Statt dessen sieht er „Zeichen für eine starke Frühjahrsbelebung“.
Die Belebung begünstigt derzeit überwiegend die Exportwirtschaft und damit das verarbeitende Gewerbe. Sie bewirkt, daß der Beschäftigungsabbau in den alten Ländern nahezu zum Stillstand gekommen ist. Dort wird rund ein Drittel der Waren für den Export produziert. Im Osten ist die Exportbasis weiterhin ausgesprochen schmal, so daß sich die Belebung in diesem Bereich kaum auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar macht. Da hilft es auch nicht, daß die Aufträge in der ostdeutschen Exportwirtschaft gegenüber dem Vorjahr um 58,2 Prozent zugenommen haben, in den alten Ländern dagegen nur um sieben Prozent.
Die Flaute in der Bauwirtschaft trifft die neuen Länder besonders hart, da dort der Bau mit 14 Prozent einen doppelt so hohen Anteil am Bruttosozialprodukt hat wie im Westen. Jagoda machte im Osten zudem noch „psychologische Nachwirkungen“ der Schneider- Pleite aus, die vor allem die Kreditinstitute vorsichtiger werden ließ. Er hofft nun darauf, daß die 1990 eingestiegenen Bausparer ihre zuteilungsreifen Verträge in Baumaßnahmen anlegen und so die Baukonjunktur ankurbeln.
Zur Krise der Bauwirtschaft kommen im Osten noch Personalreduzierungen im staatlichen Bereich sowie bei Bahn und Post hinzu. Außerdem schlugen sich in Ostdeutschland eine schwache Nachfrage von Konsumgütern und die geringere Entlastung durch die Arbeitsmarktpolitik in der Statistik nieder.
So nehmen in den neuen Ländern derzeit nur noch knapp 120.000 Personen das Angebot einer beruflichen Weiterbildung wahr. Das sind 93.200 weniger als im Vorjahr. Das gleiche Bild bei den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen: Die Zahl der ABM-Beschäftigten sank um 100.900 auf 77.500. Die neu eingeführten „Strukturanpassungsmaßnahmen“ konnten diesen Rückgang offenbar nicht kompensieren.
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