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Negatives Gutachten zu Experimenten an Affen wird ignoriert

■ Die Tierschutzkommission befürwortet die geplanten Primatenversuche, obwohl das Bundesamt für Veterinärmedizin eine „vernichtende Expertise“abgegeben hat

„Ein vernichtendes Gutachten“, erklärt Bremens oberster Tierschützer, Wolfgang Apel. Und dabei bleibt es. Mehr darf er von sich aus nicht sagen. Denn was die Berliner „Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden im Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin“, kurz: ZEBET, über die Primaten-Experimente, die an der Bremer Uni geplant sind, aufgeschrieben hat, ist plötzlich streng vertraulich.

Die Bremer Gesundheitsbehörde hatte das Gutachten eingeholt. Als die Tierschutzkommission, die mit Vertretern der Universität und des Tierschutzes besetzt ist, am vergangenen Dienstag zusammenkam, um den Antrag des Neurobiologen Andreas Kreiter zu beraten, wurde das Ergebnis jedoch nicht auf den Tisch gelegt. Eigentlich hatte die Tierschutzkommission schon im Dezember über die Primaten-Experimente beraten sollen (vgl. taz 8.1.98). Das erste ZEBET-Gutachten aber, das den Antrag aus fachlicher Sicht bewertete, war zu derart negativen Schlüssen gekommen, daß der Vorsitzende der Kommission im Einvernehmen mit der Gesundheitsbehörde den Termin schlicht abgesagt hatte. „Nicht beratungsfähig“, war damals das kurze Verdikt.

Insbesondere, so bemängelten die Gutachter, fehlten in dem ersten Antrag Kreiters Aussagen darüber, ob die geplanten Experimente eventuell an einem der anderen Primaten-Zentren bereits in ähnlicher Form durchgeführt werden. Die Versuchsanordnung war den Berliner Experten zu allgemein beschrieben, die wissenschaftliche Zielsetzung, die die Tötung der Versuchstiere begründen soll, zu prosaisch.

Als nun der nachgebesserte Antrag auf dem Tisch war, da fand Tierschützer Wolfgang Apel nur unwesentliche Unterschiede zu dem ursprünglich abgelehnten Antrag. Und da er das Gutachten im Dezember ja nicht ausgehändigt bekommen hatte, schrieb er persönlich als Mitglied der Tierschutz-Kommission an das ZEBET-Institut nach Berlin, um eine fachliche Auskunft zu dem nachgebesserten Antrag zu erhalten. Streng vertraulich bekam er Antwort – „vernichtend“, wie Apel zusammenfaßt.

Als die Kommission nun am vergangenen Dienstag zusammenkam, interessierte das alles nicht. „Die haben das Gutachten einfach vom Tisch gewischt“, empört sich Apel, „wollten es gar nicht zur Kenntnis nehmen“. Statt intern über den Antrag zu beraten, bat sie Antragsteller Kreiter, der bereits „vor der Tür gesessen“hatte, hinzu. Die Tierschützer verließen daraufhin unter Protest die Sitzung. Die verbleibenden Mitglieder der Kommission befürworteten den Antrag, nachdem sie sich mit Kreiter beraten hatten.

Dabei wäre die Gesundheitsbehörde ohnehin nicht an das Votum gebunden gewesen: Die Kommission hat nur beratende Funktion. Das erklärt vielleicht auch, warum es für die vom Tierschutzverein benannten Mitglieder schwer sein dürfte, ihren Anspruch auf Information über das Gutachten gerichtlich durchzusetzen. Ihr Anwalt, Klaus Richter, fürchtet, daß „diese Nick-Kommissionen keinerlei Rechte“haben.

Auch die Öffentlichkeit wird noch warten müssen, bis sie erfährt, was im Gutachten steht: Sogar der Autor, Professor Spielmann vom ZEBET-Institut, beruft sich auf seine Schweigepflicht und weigert sich, etwas über den Inhalt seiner Stellungnahme verlauten zu lassen. Er verbiete sich zudem jegliche Emotion dazu, was mit seiner Expertise gemacht wird, erklärte er. Es sei eben die Freiheit des Auftraggebers, seine Arbeit vom Tisch zu wischen.

K.W.

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