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In Nachbars ApothekenTHC-Kapseln auf Rezept

■ In Schleswig-Holstein gescheitert, in den Niederlanden verwirklicht

Voller Neid blickt die schleswig-holsteinische Gesundheitsministerin Heide Moser vermutlich in diesen Tagen über die westliche Grenze: Ab Mitte März gibt es in den Niederlanden Marihuana in der Apotheke. Abgegeben wird es im Tausch gegen ein ärztliches Rezept an Aids- und Krebskranke. Das „Mediwiet“, wie es hier heißt, wird in Kapseln ausgegeben und ist alles andere als billig: 25 Kapseln kosten 450 Mark.

Vor allem der Königliche Niederländische Apothekerbund KNMP hat sich für die Abgabe eingesetzt, die vor einigen Wochen vom Gesundheitsamt abgesegnet worden ist: „Wir wollen verhindern, daß Patienten in Coffeeshops gehen müssen“, so ein Sprecher. Ursprünglich wollte der Apothekerbund KNMP die THC-haltigen Kapseln selbst herstellen; das allerdings untersagten die Gesundheitsbehörden. Die zuständige linksliberale Ministerin Els Borst steht der Abgabe von Marihuana ohnehin skeptisch gegenüber, weil sie die medizinische Wirkung noch nicht für erwiesen hält. Sie hat sich aber bisher eines Kommentars zur Cannabis-Abgabe enthalten.

Sollte sich der Apothekenverkauf der THC-Kapseln bewähren, wird der Kundenkreis möglicherweise erweitert. Vor allem die Niederländische Multiple- Sklerose-Vereinigung fordert seit langem, Marihuana solle auch an Multiple-Sklerose-Patienten abgegeben werden. Laut einer jüngst vorgestellten Untersuchung konsumiert jeder zwanzigste Niederländer mit Multipler Sklerose Cannabis. Sechzig Prozent von ihnen treten regelmäßig den Gang in den Coffeeshop an. „Wir brauchen eine wissenschaftliche Untersuchung über Marihuanagebrauch und chronische Krankheiten auf breiter Basis“, fordert ein Sprecher der Multile-Sklerose-Vereinigung, „nur so können wir die Patienten aus der Illegalität holen.“ jago

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