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Vom Abbau der Frauentherapie

■ Hoher Zulauf, keine Zuschüsse – das Frauentherapiezentrum bangt um seine Zukunft

Eine psychische Krise kommt niemals termingerecht. Ihre Behandlung kann nicht einfach verschoben werden. Trotzdem müssen die Betroffenen bis zu eineinhalb Jahre auf professionelle Hilfe warten. Und Angebote, die in der akuten Krise helfen, werden zunehmend abgebaut. Zu ihnen zählt das Frauentherapiezentrum, dem vor einem Jahr die öffentlichen Zuschüsse komplett gestrichen wurden. Mitarbeiterinnen bangen deshalb jetzt um seinen Fortbestand.

Dabei ist das Leben von Frauen krisenanfälliger. Die „weibliche Wirklichkeit“ist gekennzeichnet durch Mehrfachbelastungen, Abwertung, Gewalt. Die traditionelle psychosoziale Versorgung ignoriert das häufig und verschärft so die Diskriminierung von Frauen: durch geschlechtsspezifische Gesundheitsbegriffe, Pathologisierung von nonkonformen Lebenszielen, durch eine an Männern ausgerichtete Forschung.

Deshalb gründeten Aktivistinnen der Frauenbewegung vor 15 Jahren das Bremer Frauentherapiezentrum und arbeiteten zunächst nur ehrenamtlich. 1990 schien es dann aufwärts zu gehen: Zwei AB-Stellen konnten eingerichtet werden, es gab Wettmittel und Zuschüsse aus dem Gesundheitsressort. Mitte der 90er Jahre aber wurden AB-Stellen und Zuschüsse wieder gestrichen.

Seit 1996 ist das Frauentherapiezentrum allein auf Spenden und Vereinsbeiträge angewiesen. Trotzdem arbeitete das Team von Therapeutinnen, Diplompsychologinnen, Pädagoginnen und Verwaltungskräften einfach uneingeschränkt weiter. Mit telefonischer und – einmalig für Bremen – „Offener Beratung“an jedem Montag, die direkt von jeder Frau in Anspruch genommen werden kann. Mit Gruppentherapie, Selbsthilfegruppen oder der Paarberatung für lesbische Frauen. Lange Wartezeiten gibt es kaum und falls erforderlich oder gewünscht, verweist das Frauentherapiezentrum weiter an PsychologInnen, ÄrztInnen, Soziale Dienste.

Die Kosten richten sich allgemein nach dem Einkommen, sofern die Kassen sie nicht übernehmen. Minimum ist 60 Mark (Sozialplatz). Für die „Offene Beratung“zahlen die Frauen, sofern es ihnen möglich ist, 30 Mark. Doch selbst diese vergleichsweise geringen Beträge werden für immer mehr Hilfesuchende zum Problem: „Die Frauen werden immer ärmer“, sagt eine Mitarbeiterin des Frauentherapiezentrums. Daher können „PatInnen“jetzt mit einem Förderanteil von 30 Mark Frauen unterstützen, die kein Geld für die „Offene Beratung“oder den „Sozialplatz“haben.

Um zumindest kostendeckend zu arbeiten, bietet das Frauenzentrum inzwischen zunehmend Supervision, Workshops, Fortbildungen für Beraterinnen und Therapeutinnen an. Doch die Kassen sind leer, trotz, oder vielmehr wegen des steigenden Zulaufs. Die Mitarbeiterinnen wissen nicht mehr, wie weiter. Wird der neuerliche Antrag beim Gesundheitsressort auf einen Miet- und Sachkostenzuschuß von 43.540 Mark abgelehnt, muß das Zentrum seine Arbeit zumindest reduzieren. Das könnte die öffentlichen Kassen teuer kommen: „Hätte es nicht die kostengünstigen Therapien im Frauentherapiezentrum gegeben, wüßte ich nicht, was ich heute täte“, versichert eine Klientin. „Vermutlich hätte ich über kurz oder lang meinen Arbeitsplatz verloren.“ Dora Hartmann

Um weitere PatInnenschaften und Spenden wird gebeten: Sparkasse Bremen (BLZ 29050101), Kto.-Nr.: 106 17 53

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