: „Bruchbuden“für 1,1 Millionen Mark
Immobilienmogul will 18 Mietshäuser in Sanierungsgebieten verkaufen ■ Von Heike Haarhoff
Marode Elektroleitungen, zugige Fenster, feuchte Wände und ein Vermieter, der statt zu reparieren lieber die Miete erhöht: Wer bereits in einem Mietshaus des Duisburger Immobilienmoguls Henning Conle gelebt hat, entwickelt trotz aller Nostalgie ein ambivalentes Verhältnis zu Altbauten. 2500 zumeist baufällige Wohnungen besitzt Conle allein in Hamburg – jetzt will er 400 davon loswerden: 18 Mehrfamilienhäuser in St. Pauli, Ottensen und St. Georg bietet Conle über den Berliner Makler Wolfgang Kruse zu Preisen ab 1,1 Millionen Mark pro Objekt zum Verkauf an.
„Fast alle Häuser liegen in Sanierungsgebieten“mit entsprechend geringverdienender Bewohnerschaft, warnt Eve Raatschen, Juristin beim Verein Mieter helfen Mietern, vor Verdrängung und Spekulation mit „bezahlbarem Wohnraum in begehrten Stadtteilen“. Gestern forderte Raatschen die Stadt auf, die Wohngebäude, die Mieter helfen Mietern erstmals am vorvergangenen Wochenende in einer großen Hamburger Tageszeitung inseriert sahen, „dauerhaft als preiswerten Wohnraum zu sichern“. Die Stadt oder städtische Gesellschaften sollten die Gebäude im Paket – das geforderte Gesamtvolumen betrage rund 42 Millionen Mark – aufkaufen und gleichzeitig „ausreichend“öffentliche Mittel für die Sanierung und Modernisierung zur Verfügung stellen.
„Das könnten wir uns auch gut vorstellen“, erklärte Rüdiger Dohrendorf, Sprecher der stadteigenen Stadterneuerungsgesellschaft (Steg), die unter anderem im Sanierungsgebiet Wohlwillstraße (St. Pauli-Nord) Sanierungsträgerin ist. Als solche habe die Steg ohnehin Mitsprache bei allen Hauseigentümerwechseln und Kaufpreishöhen; außerdem genieße die Stadt im Sanierungsgebiet Vorkaufsrecht. „Diese Chance“, so die wohnungspolitische Sprecherin der GAL, Susanne Uhl, müsse „genutzt werden“. Der Fall Conle zeige, wie wichtig es sei, „Schutzzonen für MieterInnen“auszuweisen.
Das Beste wäre, so Steg-Sprecher Dohrendorf, „die Gebäude gingen in unser Treuhandeigentum über“. Ob die städtischen Milieuschutz-Töpfe das nötige Kleingeld hierzu überhaupt hergeben, vermochte die zuständige Stadtentwicklungsbehörde gestern nicht herauszufinden. Davon unabhängig, beschwichtigte Dohrendorf, sei der Verkauf zunächst „kein Alarmsignal, obwohl man sich in der Massierung schon wundert“.
Was den Hauseigentümer dazu bewogen hat, sich von seinen „durchweg Bruchbuden“(Dohrendorf) zu trennen, vermochte gestern unterdessen niemand zu sagen: Conle brauche entweder Geld für andere Bauprojekte oder wolle sich möglicherweise aus dem Wohnungsmarkt zurückziehen und mehr dem Gewerbebereich zuwenden, vermutete eine Mitarbeiterin des Maklerbüros Kruse. Wolfgang Kruse oder Henning Conle selbst waren für die taz nicht zu sprechen.
Infos für Conle-Mieter: 30.3., 19 Uhr, Schanzenstraße 73-75, oder unter
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