■ Nachschlag: Effektisch und lichtspektakelgeil: Gary Numan rockte im Kesselhaus
Ich war dreizehn, als ich sein wollte wie Gary Numan. Ich hatte einen Film über die New-Wave-Ära gesehen und darin Gary Numan. Er stand unbeweglich vor einer Lichtwand, an deren Seiten die Musiker im Halbdunkel verschwanden. Er stand weit vorn und demonstrierte eine Kühle, die ich nirgendwo zuvor gesehen hatte. Jetzt, mit 27, halte ich den unterkühlten Gary Numan immer noch für eines der attraktivsten Popstarmodelle.
Um so größer jetzt die Verstimmung: Gary Numan ist, zwanzig Jahre nach seinen ersten Singles, Midlife-crisis-gezeichnet. Er rockt und rockt und rockt. Und er ist böse, was das Zeug hält. Doch seine harmlose, allein als Pop-Accessoire relevante Bösartigkeit stellt Gary Numan nicht länger mit Hochmut und kalkulierter Unerreichbarkeit dar, sondern mittels Headbanging und Spielereien mit dem Mikrofonständer. Die heroische Künstlichkeit, das ganze erhabene Starmodell, sie sind dem zackigen Rockermann gewichen – Numan 98 benimmt sich, als verstünde er seine eigene pophistorische Rolle nicht mehr.
Ebenso die Band. Neue wie alte Stücke wurden als lightshowbedürftige Rockhymnen geboten: „We Are Glass“ in einer verlaibachten Version, „Are Friends Electric“ als Stadien-Stomper. Einzig „Down in The Park“ hielt mit seinen breiten Synthesizer-Teppichen dem Angriff der Rocker stand und blieb weitgehend unzerstört.
Der effektische und lichtspektakelgeile Gary Numan bediente durchaus sein Publikum: Leute, die gleichfalls einst cool sein wollten, heute aber knapp dreißig sind und auf der Couch vor ihrer Kompaktanlage mit Eros Ramazotti träumen. Für die Endneunziger hat Gary Numan nichts zu bieten. Was um so blöder ist, da DJs sich in letzter Zeit immer öfter auf den frühen Numan und seine Shows beziehen. Die Figur Gary Numan feiert gewissermaßen ihr Comeback, nur der zugehörige Mann kommt nicht mehr mit. Jörg Sundermeier
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