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Grüne planen neues „Kurzprogramm“

■ Weil die Wähler lang- und kurzfristige Forderungen oft verwechseln, will die Partei Hilfestellung geben. Beschlüsse bleiben

Bonn (taz) – Um ein Bild der Geschlossenheit hat sich gestern in Bonn die Fraktionsspitze der Bündnisgrünen bemüht, obwohl es den Abgeordneten am Vortag nicht gelungen war, sich auf eine gemeinsame Linie bei der für heute angesetzten parlamentarischen Abstimmung über die Nato- Osterweiterung zu einigen.

Fraktionssprecherin Kerstin Müller kündigte ein neues Kurzprogramm der Partei ein, das auf einem Länderrat Anfang Juni verabschiedet werden soll. Darin sollen nur die Ziele enthalten sein, die innerhalb der nächsten Legislaturperiode verwirklicht werden könnten.

Kerstin Müller erklärte, der Öffentlichkeit habe in den letzten Wochen offenbar nicht vermittelt werden können, daß im Wahlprogramm der Grünen auch „langfristige Ziele“ wie der angepeilte Benzinpreis von fünf Mark pro Liter enthalten sind. „Das wird eben nicht verstanden. Da müssen wir noch mal ran.“ An eine Veränderung der Beschlüsse sei nicht gedacht. Das Stichwort laute „kommunizieren und nicht revidieren“. Die Fraktionssprecherin betonte, daß öffentlich umstrittene Konzepte wie eine europaweite Besteuerung von Flugbenzin und die schrittweise Erhöhung der Mineralölsteuer von der Partei einmütig gefaßt worden seien.

Auf weitgehende Übereinstimmung in grundsätzlichen Fragen verwies auch ihr Kollege Joschka Fischer. Mit Blick auf das Wahlprogramm erklärte er, die verschiedenen Strömungen in der Partei seien sich auch in außenpolitischen Fragen „näher denn je“. Das sei „nicht Schönrednerei, sondern meine ehrliche Überzeugung“. Ebenso wie vor ihm Kerstin Müller bedauerte er, daß es zur Nato-Osterweiterung keine einheitliche Position gebe. Die sei aber kein Anlaß für „innerparteilichen Streit“.

Eine Probeabstimmung in der Fraktion hatte am Dienstag ergeben, daß zwölf Abgeordnete heute für die Osterweiterung und eine Parlamentarierin dagegen stimmen werden. Die Mehrheit will sich enthalten. Der Bundesvorstand der Partei hatte zuvor versucht, die Parlamentarier auf eine gemeinsame Linie einzuschwören und zu veranlassen, der Nato-Osterweiterung nicht zuzustimmen. Fischer erklärte vor der Fraktion, es sei sicher „ungewöhnlich“, daß er als Sprecher eine andere Position vertrete als die Mehrheit, und „Konsequenzen“ angeboten. Das sei jedoch einhellig nicht gewünscht worden, berichteten Teilnehmer später.

Nach Ansicht der SPD zeigt die unklare Haltung der Grünen zur Nato-Osterweiterung erneut ihre „tiefe außen- und sicherheitspolitische Zerstrittenheit und derzeitige Regierungsunfähigkeit“, sagte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Wolfgang Thierse der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Gestern räumte Joschka Fischer vor Journalisten ein, in der Außendarstellung seien in letzter Zeit Fehler gemacht worden. Jetzt müsse mit allen Kräften versucht werden, die Konzepte der Grünen den Wählern verständlich zu machen. Andernfalls sei bei den Bundestagswahlen auch ein Scheitern der Partei an der Fünfprozenthürde nicht auszuschließen. Bettina Gaus

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