: Clinton blickt in Afrikas Wunden
■ Die USA stecken ihre politischen Präferenzen in Zentralafrika ab: Auf den Kurzbesuch des US-Präsidenten in Ruanda folgte ein Gipfeltreffen zur regionalen Sicherheit in Uganda
Berlin (taz) – Im Schnelldurchlauf hat US-Präsident Bill Clinton gestern versucht, afrikanische Geschichte zu bewältigen. Am Vormittag besuchte er Ruanda und bereute das weltweite Nichtstun während des Völkermordes – am Nachmittag traf er die wichtigsten Staatschefs der Region zu einem Sicherheitsgipfel.
Während seines dreistündigen Aufenthalts in Ruandas Hauptstadt Kigali verließ Clinton den Flughafen nicht. Als Gründe wurden zu unterschiedlichen Zeitpunkten von US-Quellen die Sicherheitslage, die Kürze des Aufenthalts und die Größe der US- Delegation genannt. Auch das eigens im Flughafengelände errichtete neue Völkermord-Mahnmal bekam der US-Präsident entgegen den Wünschen der ruandischen Regierung nicht zu sehen. Clinton traf statt dessen sechs Völkermordüberlebende.
Der Ostafrika-Gipfel im ugandischen Entebbe am Nachmittag war die wichtigste politische Station von Clintons Reise. Die Präsidenten von Uganda, Ruanda, Tansania, Kongo, Kenia, der Premierminister Äthiopiens, der Finanzminister Simbabwes und der Generalsekretär der Organisation für Afrikanische Einheit trafen mit Clinton zusammen, um eine „Grundsatzerklärung von Entebbe“ zu verabschieden. Es gehe darum, „die Positionen der verschiedenen Länder in Sicherheitsfragen zu harmonisieren“, erklärte ein Berater des ruandischen Vizepräsidenten Paul Kagame.
Das Gipfeltreffen markiert die neue aktive Bündnispolitik der USA in diesem Teil Afrikas; die in Ruanda gezeigte Reue kann als politische Vorbedingung dafür gewertet werden. Aufschlußreicher als die Teilnehmerliste ist, wer nicht eingeladen wurde: Sudans Junta-Chef Omar al-Bashir, dessen Land auf der Terrorliste des US-Außenministeriums steht und Guerillagruppen unterstützt, die gegen die ugandische Regierung Krieg führen, sowie Burundis Junta-Chef Pierre Buyoya, dessen Tutsi-dominiertes Militärregime nach wie vor unter einem ostafrikanischem Wirtschaftsembargo steht. Buyoya war Anfang März von Frankreichs Präsident Jacques Chirac in Paris empfangen worden.
Nach Abschluß des Gipfels sollte Clinton noch am Abend nach Südafrika weiterreisen. Dort kann er die in Uganda mit Kritik am Sklavenhandel begonnene Vergangenheitsbewältigung fortsetzen: Er wird mit Nelson Mandela die ehemalige Gefängnisinsel Robben Island besuchen. Eine weitere geschichtsträchtige Insel steht Anfang nächster Woche in Senegal auf Clintons Programm: Gorée, ein ehemaliger Haupthandelsposten im transatlantischen Sklavenhandel. D. J.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen