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Knabbern an der Autonomie

■ Mehr Pflichtunterricht, Transparenz, größere Klassen: Nach Kienbaums Gutachten wird jetzt der neue Schulalltag geplant

Bremens Bildungsbehörde weiß nicht genau Bescheid, was an ihren Schulen passiert. Zu diesem Ergebnis kamen im Januar die Kienbaum-Unternehmensberater in ihrem Gutachten. Arbeitskraft werde vergeudet, kritisierten sie, und Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs (SPD) gelobte Besserung. Ihre Behörde hat nun einen Neun-Punkte-Katalog vorgestellt, der schon ab dem nächsten Schuljahr greifen soll.

Normalen Unterricht und Sonderaufgaben schärfer trennen, heißt es da unter Punkt eins. Zum Son-derbedarf gehört zum Beispiel das Betreuen von ausländischen Schülern mit Sprachproblemen. Mit diesem Geld konnten Schulen, die ihre Stundentafel nicht einhalten konnten, bislang durch Umschichtung Lücken im Stundenplan stopfen. Aber das geht nun nicht mehr.

Für die Schulen bedeute dies einen Verlust an Autonomie, sagt Helmut Zachau, bildungpolitischer Sprecher der Grünen. Die Schulen hatten nämlich mit dem Geld für die Sonderaufgaben auch das Recht, Klassen zu teilen und damit zu verkleinern. Damit ist jetzt auch Schluß. Die Schulbehörde will nämlich feste Klassengrößen von 27 Schülern vorschreiben, sagte Gernot Lückert jetzt auf einer Veranstaltung des Zentralen Elternbeirates (ZEB). Zu diesem wichtigen Steuerungsinstrument hatte ihnen die Unternehmensberatung Kienbaum geraten. So werden künftig ABC-Schützen, um diese Klassenstärken zu erreichen, häufiger mal in Grundschulen gesteckt, die nicht auf der Wunschliste der Eltern stehen. Und in der gymnasialen Oberstufe soll es Kurse mit weniger als 10 Schülern nicht mehr geben. Sogar auf die Inhalte will die Behörde mittelfristig Einfluß nehmen und für die Oberstufenkurse „fachliche Profile“erstellen. „Jetzt soll also wieder alles Top-Down gehen“, so Zachau über diese „Beschneidung der Schulautonomie“.

Auch die Stundenpläne der LehrerInnen sollen sich ändern. Dagegen legt der Personalrat Schulen sein Veto ein. Im kommenden Schuljahr, so Personalratsvorsitzender Thomas Koball, wolle die Behörde Krankheit bewußt einplanen: Mit unterrichtsfreien Stunden zwischendurch, damit bei Lehrerausfall jederzeit Ersatz da ist. „Das ist verdeckte Mehrarbeit“, sagt dazu Koball.

Um den von Kienbaum eingeklagten „effizienteren Lehrereinsatz“durchzusetzen, baut die Bildungsbehörde auch auf Glasnost: Eine elektronische Lehrerdatei wird angelegt. Da steht nicht nur drin, was Lehrkräfte mal gelernt haben, sondern auch, was sie in Wirklichkeit unterrichten. Das weiß zur Zeit keiner so genau. Und die Schulen sollen ihre Ausgaben mehrmals im Jahr offenlegen und bekennen, wieviel SchülerInnen backenbleiben. ritz

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