: Flicflac auf Flachdächern
■ Sandra Speichert klaut als Fantomas mit viel Technik-Klimbim Ruhrpott-Diamanten, die unecht sind („Die Diebin“ 20.15 Uhr, Pro 7)
In einer ihrer letzten Fernsehrollen war Sandra Speichert an der Seite von Uschi Glas die „Frucht der Gewalt“, eine Journalistin, die die Vergewaltigung ihrer Mutter recherchiert. Jetzt ist sie „Die Diebin“, aber auch nicht glaubwürdiger. Als eine Art weiblicher Fantomas vollführt sie im Ninja-Kostüm mit Schlaghosen Flicflacs quer über die Dächer. Eigentlich sind es ja Flachdächer, die auch ohne anstrengende Turnübungen ganz bequem begehbar wären.
Vieles ist Blendwerk in dieser mächtig aufgemotzten Pro 7-Produktion. Ehrlich ist allein der betrügerische Bergwerksbesitzer Bühler (der gewohnt solide chargiert wird von Udo Kier). Dieser Bühler macht der Öffentlichkeit allen Ernstes weis, er habe im Ruhrpott Diamanten gefunden. Eine Versicherung glaubt ihm das natürlich sofort und will nach dem Diebstahl der vermeintlich echten Klunkern 21 Millionen hinblättern, ohne einmal mit der Wimper zu zucken. Wäre da nicht die Diebin Lana (Speichert), die herausfindet, daß es im Ruhrgebiet gar keine Diamanten gibt.
Sie führt technisches Spielzeug bei sich, bei dem selbst James Bonds Techniker Q anerkennend die angegraute Augenbraue hochziehen würde. Mit einem Armband-Laser und glasauflösender Paste ist Lana perfekt ausgerüstet. Und die Krönung ihres Equipments ist ein Safeknackapparat: Wenn die Diebin ihn betätigt, schickt ihr ein Satellit kleine grüne Funkstrahlen, aus denen sich ein weiteres total virtuelles Gerät aufbaut, das dann die Kombination des Tresors rauskriegt. Vollkommen lächerlich.
Der Großeinsatz dieses technologischen Klimbims folgt nicht der Logik des szenischen Ablaufs. Bei der nicht einmal auf charmante Weise unglaubwürdigen Technik geht es nur darum, optische Tricks in Szene zu setzen. Digitales Dressing, das den geschmacksneutralen Actionfilm optisch aufpeppen soll. Weil es so schön glitzert, muß Sandra Speichert zweimal hintereinander Diamanten klauen, so daß das Blendwerk zweimal eingesetzt werden kann. Eine dramaturgische Glanzleistung.
Zwischen Turnübungen und Technikspielchen hat die Diebin gequälte Dialoge zu bewältigen, bei denen man sich mehr als einmal fragt, warum Sandra Speichert nicht von einer sich verständlich artikulierenden Sprecherin synchronisiert wurde. Am meisten nervt der Killer, der hinter Lana herjagd. Der bekommt x-mal eins auf die Glocke und steht immer wieder auf wie die hampelmannmäßigen Bösewichte aus diesen elendigen Disney-Komödien, die einem schon als Kind im Vorstadtkino die Lust am Film vermiest haben. Man muß das gesehen haben, um es zu glauben. Manfred Riepe
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen