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Bei der Dresdner Bank ist die Krise kein Thema mehr

■ Nachdem Vorstandsköpfe gerollt sind, ist für das Frankfurter Geldhaus der Steuerhinterziehungsskandal erledigt. Jetzt geht es um den Ausbau des globalen Geschäfts

Frankfurt/Main (taz) – „Es ist überfällig, daß wir die Bedeutung kommunikativer Tugenden verstehen.“ Bernhard Walter hat bereits verstanden. Der neue Vorstandssprecher der Dresdner Bank will heute kommunizieren: mit Mitarbeitern und Kunden der Dresdner Bank – und mit den Medien. Deren „falsche Darstellungen“ dürften nicht länger als Ärgernis empfunden werden, sondern als Chance zur Wiederaufnahme eines Meinungsaustausches, sagte Walter gestern auf der Bilanzpressekonferenz im 31. Stock des Bankwolkenkratzers in Frankfurt.

Um diesen kreisen trotz aller „Turbulenzen“ des vergangenen Jahres nicht etwa die Pleitegeier, sondern nur die Flugzeuge, die den Rhein-Main-Airport ansteuern wollen. Dabei waren die „Darstellungen“ der Medien so falsch nicht gewesen. Steuerhinterziehung im großen Stil war diversen Spitzenmanagern der Dresdner Bank vorgeworfen worden. Und nach dem gescheiterten Versuch, die strafrechtlich relevanten Delikte als „Privatangelegenheit“ der Betroffenen zu deklarieren, fielen die Bosse der Bank um wie die Kegel. Nach der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen ihn trat im September 1997 der Vorsitzende des Aufsichtrates der Bank, Wolfgang Röller, zurück. Drei Monate später stellte Vorstandsmitglied Hansgeorg Hofmann seinen Job zur Verfügung. Durch eine Selbstanzeige hatte Hofmann zuvor den Vorwurf der Steuerhinterziehung „in Millionenhöhe“ indirekt bestätigt. Und weil einer – nach weiteren Demissionen von Vorstandsmitgliedern – die Gesamtverantwortung für die Skandale übernehmen mußte, trat auch der langjährige Vorstandssprecher Jürgen Sarrazin zurück. Chaos perfekt?

In der Bilanz für 1997 haben sich die dubiosen Vorgänge nicht niedergeschlagen. Und für die Bilanz 1998 erwartet Walter auch keine negativen Auswirkungen. Der von Vorstand und Aufsichtrat einstimmig gekürte neue Vorstandssprecher konnte denn auch stolz verkünden: „Spitzenergebnis erzielt, trotz Aufwandssteigerung und Asienkrise.“ Die Bilanzsummer der Dresdner Bank hat sich um 21 Prozent auf 677 Milliarden Mark erhöht. Das Betriebsergebnis stieg um fast 10 Prozent, der Gewinn vor Steuern um 19 Prozent auf 3.280 Milliarden Mark. Die Bank wird 2,21 Mark Dividende pro Aktie ausschütten. Die Shareholder werden sich freuen.

Nicht aber möglicherweise die MitarbeiterInnen der Bank in den Filialen im Inland. Die bei der Dresdner Bank in den letzten fünf Jahren abgebauten 4.500 Arbeitsplätze sind Walter nämlich noch nicht genug. Dafür hat sich der Boß zwei neue Männer in den Vorstand geholt: einen für die „Global Markets“ und einen für das „Investment Banking“. In diesem Segment hat die Bank mit 1,5 Milliarden Mark (Betriebsergebnis) nämlich richtig Geld verdient; mehr als doppelt soviel wie beim Privatkundengeschäft. Klaus-Peter Klingelschmitt

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