: „Wen genau betrifft das?“
Abgeordnete von CDU und FDP kritisieren Streichung von Sozialleistungen für Flüchtlinge als zu weitreichend. Bundesregierung hatte die Kürzungen zuvor begrüßt ■ Von Patrik Schwarz
Berlin (taz) – Für mehrere hunderttausend Flüchtlinge, die von der kompletten Streichung von Sozialleistungen bedroht sind, gibt es ein erstes Signal der Hoffnung. Bei der gestrigen Bundestagsdebatte zur geplanten Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes kritisierten auch Vertreter der Koalitionsparteien CDU und FDP den umstrittenen Entwurf des Bundesrates.
„So wie der Gesetzentwurf zur Zeit aussieht, habe ich deutliche Vorbehalte“, heißt es im Redemanuskript des FDP-Abgeordneten Uwe Lühr, denn „nach wie vor nicht befriedigend geklärt ist, wen genau die vorgesehenen Kürzungen treffen sollen.“ Gegenüber der taz präzisierte Lühr vor der Debatte: „Aus unserer Sicht kann der Entwurf so nicht den Bundestag passieren.“ Die Debatte dauerte bei Redaktionsschluß noch an.
Ulf Fink (CDU) bezeichnete den Entwurf gegenüber der taz als „nicht sehr klar“ und betonte: „Es darf nicht zu einem Auseinanderklaffen von Aufenthaltsrecht und Sozialrecht kommen.“ Wer Anspruch auf eine ausländerrechtliche Duldung habe, müsse auch Anspruch auf Sozialleistungen haben. „Es wird mit uns keine Politik des Aushungerns geben“, sagte Fink, der früher Sozialsenator in Berlin war. Er reagierte damit auf Briefe der beiden Berliner Bischöfe Sterzinsky und Huber sowie zahlreicher Wohlfahrtsorganisationen. Darin war kritisiert worden, mit der Gesetzesänderung werde Flüchtlingen die Lebensgrundlage entzogen, um sie zur Ausreise zu zwingen.
Mit ihren Reden grenzten sich der FDP- wie der CDU-Abgeordnete deutlich von der Position der Bundesregierung ab. Auf Vorschlag von Gesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) hatte das Kabinett die Bundesratsinitiative begrüßt und erklärt, etwa 600.000 vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer seien betroffen.
Nach der gestrigen Sitzung beraten die Ausschüsse den Entwurf. Für den 29. April ist eine Expertenanhörung geplant, so daß im Juni die abschließende Behandlung im Bundestag erfolgen könnte. FDP-Mann Lühr warnte allerdings: „Es geht nicht an, im Schnellverfahren ein so wichtiges Gesetz noch vor der Bundestagswahl durch die Gremien zu peitschen.“
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