Kommentar: Kippen klauben
■ Warum die Vorschläge von Karin Roth zum neuen Seniorentum radikal gut sind
Es geht also auch ohne: Während ihre Vorgängerin Helgrit Fischer-Menzel noch Krankenhäuser schließen und der Stiftung ihres Mannes einen Millionenauftrag zuschanzen mußte, um sich politisch ins Gespräch zu bringen, hat die angehende Sozialsenatorin Karin Roth es schon vor ihrer offiziellen Amtsübernahme geschafft, Regierungspartner und Opposition ins Grübeln zu bringen.
Sie brauchte dazu nur einen „Tag der älteren Generation“und ein bißchen angedrohte Zwangsarbeit. Prompt droht die GAL mit politischem Ungehorsam, und die CDU jammert zum wiederholten Mal über rot-grüne Sparpläne. Dabei verdient Karin Roth für ihre Ankündigung, RentnerInnen sollten Kippen klauben, ein dickes Lob.
Die ehemalige DGB-Chefin konnte gar nichts besseres tun, als sich mit diesen radikalen Forderungen aus dem Behördenfenster zu lehnen. Das Image der artigen Gewerkschaftsfrau wird sie nur los, indem sie Vorschläge macht, die über die Linie von Gewerkschaften und SPD hinausgehen. Und nur so kann sie sich vor dem Ruf retten, nichts als eine politisch korrekte Lösung für das Personalproblem der BAGS zu sein.
Doch das übersehen GAL, CDU und Gewerkschaften geflissentlich. Statt dessen betreiben sie Prinzipienreiterei, als gebe es nichts Schlimmeres als ein paar Hexenschüsse beim Parkbankstreichen.
SeniorInnen an die Besen, RentnerInnen in die Schulen – was soll dabei schon schiefgehen? Für Risiken und Nebenwirkungen haftet schließlich Roths Gesundheitsbehörde.
Judith Weber
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