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Atombehälter versagen in Serie

Nicht einer, sondern drei Tests gingen böse für die Erbauer der Brennelement-Transportkästen aus. Atombehälter-Fehlkonstruktion bundesweit seit 1989 im Einsatz  ■ Von Peter Sennekamp

Berlin (taz) – Schon neun Jahre werden in der Bundesrepublik fehlkonstruierte Atommüllbehälter des Typs NTL 11 auf die Reise geschickt. Seit fast einem Jahr wußten die Behörden, daß ein Sicherheitsnachweis fehlt, doch die Behälter rollten weiter. Das geht aus einem Schreiben des französischen Instituts für Strahlenschutz hervor. Nicht nur ein einzelner Sicherheitstest eines Behälters, wie kurz vor dem Castor-Transport nach Ahaus bekannt wurde (die taz berichtete), sondern eine ganze Testreihe des Herstellers British Nuclear Fuels (BNFL) schlug fehl.

Doch die allseitig erschreckten Reaktionen auf die Tests, auch innerhalb der Internationale Atomenergiebehörde IAEO, irritierten Bonn nicht. Das Bundesministerium für Umwelt betonte gelassen, die Zuständigkeit liege beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). Dort aber beteuerten Vertreter, nichts von den monatelangen Kontroversen zwischen den französischen Behörden und dem britischen Hersteller gewußt zu haben.

Schon im März vergangenen Jahres waren dem französischen Institut für Strahlenschutz (Insitut de Protection et de Sûreté Nucléaire, IPSN) fehlende Sicherheitsnachweise für die Behälter aufgefallen. Im Mai forderte das Institut von dem Behälterhersteller BNFL schließlich Nachweisdokumente. Doch die BNFL reagierte nicht, so daß im Oktober schließlich die französische Behörde für Nuklearsicherheit (DSIN) ultimativ einen Sicherheitstest des Behältertyps NTL 11 forderte. Doch weitere vier Monate vergingen, ohne daß die europäischen Sicherheitsbehörden die Behälter bis zum Beginn der Tests vorläufig aus dem Verkehr zogen. BNFL rechtfertigte die Verzögerung der Tests mit Problemen bei der Anfertigung eines Testbehälters.

Wie die Wochenzeitung Jungle World gestern meldete, gingen die irritierten BNFL-Ingenieure am 13. Februar 1998 zunächst von einem falsch ausgeführten Falltest aus, als der Schockabsorber des Behälters abriß. Große Augen machten die Franzosen schließlich, als der Hersteller BNFL am 5. und 6. März zwei weitere Falltests durchführte, die gleichfalls die Fehlkonstruktion der Behälter bestätigten. Ursprünglich waren dreistufige Tests geplant, die auf einen Zugunfall zugeschnitten sind. Zuerst ein Fall des Behälters aus neun Metern Höhe, anschließend ein 1-Meter-Fall auf einen Stahldorn und schließlich ein Feuertest bei 800 Grad Celsius. Doch der zweite und dritte Testschritt mußte jeweils abgebrochen werden, „weil der NTL 11 die Feuerprobe nicht überstanden hätte“, so das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS).

Die Sprecherin des Bundesamtes, Gabi Wiltsche, zeigte sich „von den Testergebnissen auch sehr überrascht“. Laut Jungle World erklärte der Atomexperte des World Information Service on Energy (WISE) in Paris, Mycle Schneider: „Der Behälter wäre bereits im zweiten Testschritt, dem Fall des Behälters auf einen Stahldorn, geborsten.“ BNFL-Sprecher Bill Anderton dagegen dementierte verhalten: „Wir können nicht wissen, ob die Behälter nicht standgehalten hätten, denn wir haben die Tests ja abgebrochen.“

Ganz offensichtlich: Ein Nachweis über die Sicherheit der Behälter, für die bereits im Jahr 1977 die erste Transportgenehmigung erteilt wurde, hat der Konzern BNFL nie erbracht. Gleichwohl wurden die Fehlkonstruktionen für unzählige Atommülltransporte zwischen dem süddeutschen AKW Neckarwestheim, dem norddeutschen AKW Krümmel und der britischen WAA Sellafield eingesetzt, ebenso für Transporte zwischen Deutschland und Frankreich.

Die Grüne Europaabgeordnete Undine von Blottnitz spricht darum von einer „Fehleinschätzung der Aktenlage“, schließlich hatten die Grünen im Bundestag im vergangenen Sommer von der Bundesregierung einen klaren Nachweis über Behälter und Transportstrecken gefordert. Doch die Bundesregierung erklärte lediglich: „Eine weitere Aufschlüsselung, welcher Behältertyp wie oft verwendet wurde, könnte nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand betrieben werden.“ Von Blottnitz hält nun eine „gewissenhafte Überprüfung aller Transportbehälter auf die bekannt gewordenen Sicherheitsmängel für dringend erforderlich, einschließlich der Castoren“.

Die Sicherheit der Castoren ist ebenso fraglich, da für verschiedene Modelle nur Simulationen, nicht aber reale Falltests durchgeführt wurden. Beachtlich ist auch, daß nur durch einen Zufall die Fehlkonstruktion NTL 11 entdeckt wurde. Nur durch eine Routinekontrolle bemerkten die französischen Behörden die fehlenden Sicherheitsnachweise.

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