piwik no script img

Knapp besetzte Schiffe

■ Gewerkschaft ÖTV sieht 8.000 Arbeitsplätze auf See in Gefahr

„Das ist für die deutschen Seeleute der Todesstoß!“Gerd Hüfner von der Abteilung Schiffahrt der Gewerkschaft ÖTV in Hamburg ist „stinksauer“auf die SPD-regierten Küstenländer. Statt das „Gesetz zur Deregulierung der Schiffsbesetzungen“im Bundesrat zu Fall zu bringen, haben die SozialdemokratInnen in Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen Zustimmung signalisiert für die Pläne von Reedern und CDU-Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann.

Danach soll ab August die Pflichtbesatzung auf Seeschiffen nur noch aus drei nach deutschen Standarts qualifizierten Seeleuten bestehen: einem Kapitän, einem Offizier und einem Wachbefähigten. Dadurch, fürchtet die ÖTV, sind 8000 Arbeitsplätze auf See gefährdet.

Bislang war es auf Containerschiffen im „Deutschen Zweitregister“vorgeschrieben, sieben nach den Kriterien der Seeberufsgenossenschaft ausgebildete Seeleute einzusetzen. „Das mußten keine Deutschen sein, sie mußten nur die Anforderungen erfüllen“, erklärt Hüfner. Mit der neuen Regelung falle das Zweitregister nun „weit unter das Niveau manch internationalen Billigflaggenregisters“.

Und die Planungen der Bundesregierung gehen noch weiter: Frachtschiffe sollen geringer besteuert werden als bisher; die Reeder sollen Teile der Lohnsteuer einkassieren können. „Wir hatten gehofft, daß dies in dieser Legislaturperiode nicht mehr verabschiedet wird“, bedauert Hüfner. Doch da die SPD- und grün regierten Länder zustimmen wollen, können die Neuregelungen vermutlich noch vor der Wahl umgesetzt werden.

Hamburg zeigt dabei keinerlei Schuldbewußtsein. Wirtschaftsbehördensprecher Bernd Meyer erklärt: „Wir haben der Besetzungsordnung als Bestandteil eines Gesamtpakets zugestimmt.“Durch die Steuervergünstigungen erhofft sich der rot-grüne Senat eine „Trendwende bei der Ausflaggung“und „positive Effekte“für die deutsche Schiffahrt, „so daß die Kröte geschluckt werden mußte“.

Kai von Appen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen